In Deutschland werden jedes Jahr ca. 500.000 Fahrerfluchten begangen. Inklusive der Dunkelziffer könnten es sogar mehr als 5.500.000 Unfallfluchten sein. Gerichtlich bestraft (durch Urteil oder Strafbefehl) werden in jedem Jahr nur gut 30.000 Täter. In nur 6% der offiziellen Verfahren wird also ein Täter bestraft. Die anderen Verfahren werden eingestellt bzw. in den meisten Fällen (Dunkelziffer) erst gar nicht erfasst.
Wer schon einen Strafbefehl oder eine Ladung zur Verhandlung vor dem Strafgericht in den Händen hält, hat nur noch geringe Chancen, mit einem blauen Auge aus der Sache raus zu kommen. Ab diesem Moment beträgt die statistische Einstellungsquote nur noch 22%. Was bei einer Verurteilung droht, erfahren Sie hier. Besser ist es, Sie lassen sich frühzeitig von einem Rechtsanwalt beraten und vertreten.
Bei einer Verurteilung droht nach dem Gesetz (§ 142 StGB) folgende Strafe. Fahrerflucht wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe und zusätzlich einem Fahrverbot oder dem Verlust der Fahrerlaubnis geahndet. Was bedeutet das nun genau? Im schlimmsten Fall sind das drei Jahre Freiheitsstrafe mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis und einer für immer geltenden Sperre. Die günstigste „Bestrafung“ in einem Urteil (oder Strafbefehl) sieht eine Geldstrafe von 5 Tagessätzen ohne Entziehung der Fahrerlaubnis und ohne Fahrverbot vor. Selbstverständlich hat der Verurteilte auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Gericht bewertet verschiedene Faktoren: z.B. Schwere der Schuld, Sachschaden und Verletzungen der Unfallbeteiligten und persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Täters. Jedes Urteil ist damit einzigartig und genau auf den jeweiligen Täter, seine Tat und die Folgen zugeschnitten. Trotzdem gibt es bei fast allen Staatsanwaltschaften und Gerichten Tabellen, die einen groben Anhaltspunkt über die zu erwartende Strafe (Fahrerflucht) liefern. Jeder Rechtsanwalt, der auf diesem Gebiete tätig ist, hat eigene Erfahrungen gesammelt, mit denen er die Prognose im konkreten Fall präzisieren kann. Folgende Strafen wären nach einer der Tabellen möglich:
- § 142 StGB mit Sachschaden bis 250 EUR
=> 15 Tagessätze und ein Fahrverbot zwischen 1 und 3 Monaten. - § 142 StGB mit Sachschaden ab 250 EUR bis 750 EUR
=> 15 bis 30 Tagessätze und ein Fahrverbot zwischen 1 und 3 Monaten. - § 142 StGB mit Sachschaden ab 750 EUR
=> ab 30 Tagessätze, Entziehung der Fahrerlaubnis und eine Sperrfrist zwischen 6 und 12 Monaten.
Kommt noch ein Personenschaden hinzu, kann sich die Strafe (Fahrerflucht) verdoppeln.
Eine andere Tabelle sieht so aus:
- § 142 StGB mit Sachschaden unter 550 EUR
=> Einstellung nach § 153a StPO möglich. - § 142 StGB mit Sachschaden ab 550 EUR
=> 20 bis 30 Tagessätze und ein Monat Fahrverbot. - § 142 StGB mit Sachschaden ab 650 EUR
=> 30 Tagessätze und zwei Monate Fahrverbot. - § 142 StGB mit Sachschaden ab 900 EUR
=> 40 Tagessätze und drei Monate Fahrverbot. - § 142 StGB mit Sachschaden ab 1.100 EUR
=> 50 Tagessätze, Entziehung der Fahrerlaubnis und eine Sperrfrist ab 9 Monaten.
Kommt noch ein Personenschaden hinzu, kann sich die Strafe (Fahrerflucht) verdoppeln. Wiederholungstäter müssen mit einer Strafe zwischen 120 und 180 Tagessätzen rechnen. 30 Tagessätze entsprechen einem Monatseinkommen.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis droht bei einem bedeutenden Schaden. Die Gerichte haben unterschiedliche Grenzwerte. So kann der bedeutende Schaden bei 1.000 EUR (OLG Köln zfs 2002, 305; LG Berlin zfs 2002, 548), bei 1.200 EUR (LG Hamburg DAR 2001, 521; LG Kaiserslautern DAR 2003, 186), 1.250 EUR (LG Bielefeld NZV 2002, 48; LG Braunschweig DAR 2002, 469; AG Köln DAR 2003, 88; LG Zweibrücken zfs 2003, 208; LG Hamburg DAR 2005, 168) oder bei 1.300 EUR (LG Düsseldorf NZV 2003, 103; LG Braunschweig zfs 2005, 100; AG Lüdinghausen NZV 2005, 213; OLG Jena 2005. 289) vorliegen. Die neuere Rechtsprechung sieht die Grenze bei 1.500 EUR.
Maßgeblich ist nicht der reine Sachschaden, sondern der Geldbetrag, der erforderlich ist, den Geschädigten so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten (vgl. MünchKommStGB/Athing § 69 Rn. 70 m.w.N.). Deswegen sind neben den Reparaturkosten auch Bergungs- und Abschleppkosten einzubeziehen.
Zu der eigentlichen Strafe kommen noch die Nebenfolgen. Diese sind ein Fahrverbot oder eine Entziehung der Fahrerlaubnis, der Eintrag von 2 oder 3 Punkten im neuen Fahreignungsregister und einer Eintragung im Bundeszentralregister. Daneben verliert der Verurteilte seinen Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung (= der Verurteilte trägt die Kosten des Unfallgegners), der Kaskoversicherung (= der Verurteilte bekommt für den Schaden am eigenen Fahrzeug kein Geld) und in der Rechtsschutzversicherung (= der Verurteilte muss der Versicherung die Kosten für den eigenen Rechtsanwalt erstatten). Bei Personen, die beruflich auf die Nutzung eines Fahrzeugs angewiesen sind, kann die Verurteilung mit einem Fahrverbot oder gar einer Entziehung der Fahrerlaubnis auch erhebliche arbeitsrechtliche Folgen haben. In den meisten Fällen sind diese „Nebenfolgen“ einer Verurteilung für die Betroffenen sehr erheblich. Ich kann daher nur raten, machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch und beauftragen Sie einen Rechtsanwalt.
Weitere Informationen: Buch zum Thema Fahrerflucht
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