Wenn man unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, kann man als Unfallgeschädigter vom Unfallgegner und der gegnerischen Haftpflichtversicherung den Ersatz aller unfallbedingten Kosten verlangen. Dazu zählen auch die Gutachterkosten.
1. Ein Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten durch den Gutachter (nämlich auf abgetretenem Recht) setzt jedoch voraus, dass seine verwendete Abtretungserklärung wirksam ist. Leider verwenden noch heute viele Gutachter unwirksam Abtretungserklärungen.
a. Der Bundesgerichtshof hatte bereits mit Urteil vom 07.06.2011 entschieden, dass die folgende Erklärung unwirksam ist:
„Aus Anlass des oben beschriebenen Schadenfalles habe ich das o. g. Kfz-Sachverständigenbüro beauftragt, ein Gutachten zur Schadenhöhe zu erstellen.
Ich trete hiermit meine Schadenersatzansprüche aus dem genannten Unfall erfüllungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeuges in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer unwiderruflich an das Kfz-Sachverständigenbüro ab.“
Der Bundesgerichtshof ging davon aus, dass eine solche Formulierung „Schadenersatzansprüche“ unwirksam ist, so dass der Unfallgeschädigte dem Gutachter nichts abtreten konnte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann man eine Forderungsmehrheit nicht wirksam abtreten. Er stellte dazu fest:
„Tritt der Geschädigte nach einem Fahrzeugschaden seine Ansprüche aus dem Verkehrsunfall in Höhe der Gutachterkosten ab, ist die Abtretung mangels hinreichender Bestimmbarkeit unwirksam.“
Das Urteil kann hier nachgelesen werden.
b. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21.06.2016 festgestellt, dass auch die folgende Abtretungserklärung überraschend und daher unwirksam ist:
„Zur Sicherung des Sachverständigenhonorars in der o.g. Angelegenheit trete ich meine Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs in Höhe des Honoraranspruchs zzgl. Fremdkosten einschließ- lich der Mehrwertsteuer des SV für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens erfüllungshalber an den SV ab. Die Abtretung erfolgt in der Reihenfolge: Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallsentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten. Dabei wird eine nachfolgende Position nur abgetreten, wenn die zuvor genannte Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken. Sollte die Abtretung der Ansprüche den tatsächlichen Honoraranspruch übersteigen, erfolgt die Abtretung dergestalt, dass hinsichtlich der zuletzt abgetretenen Anspruchsposition ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe des restlichen Sachverständigenhonorars abgetreten wird. Auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichte ich. Zugleich weise ich hiermit die Anspruchsgegner unwiderruflich an, den Forderungsbetrag aus der Rechnung des SV unmittelbar durch Zahlung an den SV zu begleichen. Der SV ist berechtigt, diese Abtretung den Anspruchsgegnern gegenüber offen zu legen und die erfüllungshalber abgetretenen Ansprüche gegenüber den Anspruchsgegnern im eigenen Namen geltend zu machen. Durch diese Abtretung werden die Ansprüche des SV aus diesem Vertrag gegen mich nicht berührt. Diese können nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu jeder Zeit gegen mich geltend gemacht werden. Im Gegenzug verzichtet der Sachverständige dann jedoch Zug-um-Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern. Über die Vergütungsansprüche des SV im Zusammenhang mit der im vorliegenden Schadensfall entfalteten Tätigkeit darf ich keine Vergleiche abschließen.“
Dieses Urteil muss man als Gutachter / Sachverständiger kennen.
Das Urteil kann man hier nachlesen.
Fazit: Ist die Abtretung unwirksam, kann der Geschädigte dem Gutachter nichts abtreten. Infolgedessen hat der Gutachter gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung keinen direkten Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht.