Das Kammergericht Berlin hat mit Beschluss vom 15.01.2015 (Az.: 29 U 18/14) Hinweise zu dem praxisrelevanten Streitfall erlassen, wenn ein Fahrradfahrer auf einem gekennzeichneten Radweg, der rechts an einer Haltestelle des Linienverkehrs vorbeiführt und für die Fahrgäste einen für sie reservierten Bereich vorsieht, mit einem Fahrgast zusammenstößt. In dem Streitfall kam der Fahrgast aus einem haltenden Bus, als er von dem Radfahrer erfasst wurde. Das Kammergericht hat in dem Beschluss ausgeführt, dass in diesem Falle „wegen des Verstoßes gegen § 20 Abs. 2 StVO eine Haftungsverteilung von 80% zu Lasten des Radfahrers in Betracht“ komme. In dem Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz in Anspruch. Sie befuhr mit ihrem Fahrrad einen gekennzeichneten Radweg. Im Bereich einer Bushaltestelle schwenkt der Radweg nach links. Der Beklagte verließ den Bus. Die Klägerin kollidierte auf dem Radweg mit dem Beklagten, stürzte und verletzte sich. In der Vorinstanz hat das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung die Klage abgewiesen, weil die Klägerin entgegen § 20 StVO höchstens mit Schrittgeschwindigkeit rechts an den aussteigenden Fahrgästen und nur unter der Prämisse hätte vorbeifahren dürfen, dass die Fahrgäste weder behindert noch gefährdet werden. Das Kammergericht hebt in dem Hinweisbeschluss hervor, dass eine Haftung des Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Körper und Gesundheit in Betracht komme, weil er entgegen § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO den Radweg als Fahrbahn ohne Beachtung des Verkehrs betrat. Das Kammergericht hat ferner ausgeführt, dass sich der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch auf 10.000 € beschränke, wobei bei der nach § 253 Abs. 2 BGB zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin operiert und 16 Tage stationär behandelt werden musste, annähernd vier Monate ihren Beruf als Fremdsprachensekretärin nicht ausüben und eine New York-Reise nicht antreten konnte. Auch sei dürfte der Feststellungsantrag zulässig und begründet sein, weil bei derartigen Verletzungen an einem Lendenwirbel Spätfolgen nicht auszuschließen seien. Das Kammergericht hat aber herausgestellt, dass die Klägerin eine Mitverschuldensquote von 80% nach § 254 Abs. 1 BGB anzurechnen habe. Denn sie hätte wegen § 20 Abs. 2 StVO „rechts nur vorbeifahren dürfen, wenn eine Gefährdung der Fahrgäste ausgeschlossen ist.“ Das Kammergericht regte einen Vergleich an, wonach der Beklagte an die Klägerin 3.000 €, ggf. in Raten, an die Klägerin zahlt und diese keine weiteren Ansprüche mehr gegen ihn stellt und dass bei dem Streitwert von 17.153,40 € die Kosten beider Instanzen mit 17% zu Lasten des Beklagten und zu 83% zu Lasten der Klägerin verteilt werden. Da bei derartigen Unfallkonstellationen regelmäßig Streit über ein Mitverschulden aufkommt, sollten Unfallbeteiligte sich stets anwaltlich beraten lassen.