Das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG) hat entschieden, dass ein Geschwindigkeitsverstoß für den Unfallschaden auch dann kausal und bei der Haftungsabwägung gemäß § 17 StVG zu berücksichtigen ist, sofern der Unfall bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit zwar nicht vermieden, die Unfallfolgen aber wesentlich geringer ausgefallen wären (Urteil vom 14.08.2014, Az.: 4 U 150/13). Soweit eine Aufklärung, wie sich der Schaden bei verkehrsgerechtem Verhalten genau zugetragen hat, mit zumutbarem forensischen Aufwand nicht erfolgen kann, ist es möglich, den Verursacherbeitrag mit einer einheitlichen Haftungsquote anzurechnen. In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls aus übergegangenem Recht ihres wegen des Unfalls verstorbenen Ehemanns auf Schadensersatz in Anspruch. Dieser war Halter und Fahrer eines Sportwagens BMW Z4, mit dem er eine Straße befuhr. Vor ihm fuhr der Beklagte zu 1 mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten SUV Toyota RAF 4, der zum fraglichen Zeitpunkt einen Anhänger zog. In dem Bestreben, zu wenden, um zurück in Richtung Ortsmitte zu fahren, lenkte der Beklagte zu 1 sein Gespann erst auf den rechten Gehweg, um dann von dort aus in einem Zug zu wenden. Bei diesem Manöver fuhr der Ehemann der Klägerin auf das im Wenden begriffene Gespann auf. Hierbei erlitt er einen Genickbruch und verstarb später. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass der Beklagte zu 1) den Unfall allein schuldhaft verursacht habe. Sie hat beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 15.768,45 EUR nebst Zinsen zu zahlen und diese von den Anwaltsgebühren freizustellen. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben eingewendet, der Beklagte zu 1 habe sein Fahrzeug am Fahrbahnrand angehalten und sich vergewissert, dass er frei fahren könne. Der Ehemann der Klägerin sei mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren und nicht angeschnallt gewesen. Das Landgericht hat die Beklagten auf der Grundlage einer Haftungsquote von einem Drittel zu zwei Dritteln zum Nachteil der Beklagten bezüglich der Sachschäden und bezüglich der Personenschäden auf hälftiger Haftungsgrundlage zur Zahlung von 7.023,25 EUR nebst anteiliger Freistellung von den Gebührenansprüchen verurteilt. Die Klägerin und die Beklagten legten hiergegen Berufung ein. Das OLG hat beide Berufungen zurückgewiesen. Zur Begründung hat das OLG ausgeführt, der Beklagte zu 1 habe gegen § 9 und § 10 StVO verstoßen. Sofern das Ladgericht der Klägerin ein ursächliches Verschulden im Wege des Anscheinsbeweises zugerechnet hat, werde dem nicht gefolgt. Außerdem spreche der Anscheinsbeweis dafür, dass ein auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auffahrender Hintermann entweder zu schnell oder nicht aufmerksam fuhr. Diese Typizität sei nicht nachgewiesen, wenn sich ein Unfall im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Anfahrvorgang ereignet: Da der Verkehr an einem anhaltenden Fahrzeug vorbeifahren darf, muss der Verkehr seine Geschwindigkeit nicht danach ausrichten, noch vor dem Fahrzeug anhalten zu können. Die Beweisaufnahme kann indes zum Ergebnis führen, dass der Geschwindigkeitsverstoß zumindest für den Umfang der Schäden ursächlich geworden ist. Dies genüge, um den Geschwindigkeitsverstoß bei der Haftungsabwägung zu gewichten. Ein Geschwindigkeitsverstoß kann folglich auch dann ursächlich werden, wenn der Schaden zwar nicht gänzlich vermieden, die Unfallfolgen bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit aber wesentlich geringer ausgefallen wären. Der Fall zeigt, dass Geschädigte gut beraten sind, nach einem Unfall eine Haftungsabwägung von einem erfahrenen Anwalt vornehmen zu lassen.