Auffahrunfall als Straftat zu werten?

panthermedia_01112481Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) hat mit Beschluss vom 04.06.2013 (Az.: III-5 RVs 41/13, 5 RVs 41/13) eine amtsgerichtliche Entscheidung weitgehend aufgehoben, mit der ein Autofahrer wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist. Im Fall ging es um einen Auffahrunfall, der vom vorausfahrenden PKW-Fahrer scheinbar absichtlich provoziert worden sein soll. Das Amtsgericht hat zu der Motivlage des Angeklagten lediglich festgestellt: „Der Angeklagte tat dies aus Verärgerung über das voran gegangene ihn aufhaltende Wendemanöver des Zeugen M.“ Diese Annahme reichte dem OLG allerdings für den für eine Verurteilung notwendigen mindestens bedingten Schädigungsvorsatz, den der Angeklagte für eine derartige schwere Straftat haben müsste, nicht aus. In solchen Fällen, bei denen auch das eigene Auto beschädigt worden ist, liege ein solcher Vorsatz eher fern. Anders könnte es sein, wenn „dem Fahrzeugführer bekannt ist, dass sein Fahrzeug ohnehin einen Altschaden am Heck aufweist, so dass die Überlegung der Beschädigung des eigenen Fahrzeugs in den Hintergrund tritt“. Da die Verurteilung vor dem Amtsgericht allerdings ohne Feststellungen zum Zustand des Fahrzeugs des Angeklagten vor dem Unfall erfolgt ist und auch zu anderen besonderen Umständen, die auf einen mindestens bedingten Schädigungsvorsatz des Angeklagten schließen lassen, nichts ausgeführt worden ist, wurde das Urteil schon deswegen aufgehoben. Weiter beanstandete das OLG, dass das Amtsgericht bezüglich des beschädigten Autos des Hintermanns keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat. Es fehlen Feststellungen zum Wert der durch den Verkehrsunfall gefährdeten fremden Sache und zu dem eingetretenen Schaden. Das OLG gab dem Amtsgericht auf, dass es in der neuen Hauptverhandlung entsprechende Feststellungen, z.B. auf Grundlage eines Kfz-Sachverständigengutachtens, zu treffen habe. Der Fall zeigt, dass erstinstanzliche Urteile mit Hilfe eines kompetenten Anwalts für Verkehrsrecht überprüft und gegebenenfalls Rechtmittel eingelegt werden sollten.