Beim Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar haben sich zum 53. Mal Rechtsmediziner, Fachanwälte für Verkehrsrecht, Polizeibeamte und Mitarbeiter der Ministerien für Justiz und Verkehr getroffen. In einem der Arbeitskreise, welchem auch ich angehörte, haben wir uns damit befasst, ob dem Gesetzgeber vorgeschlagen werden soll, neue Promillegrenzen für Radfahrer einzuführen. Gemäß § 316 Strafgesetzbuch (StGB) macht sich strafbar, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er in Folge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Fahrzeuge können hier sowohl Kraftfahrzeuge als auch Fahrräder sein. Wem diese Sicherheit fehlt, der ist fahruntüchtig. Hierbei wird zwischen absoluter und relativer Fahruntüchtigkeit unterschieden.
Zur Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit genügt der Nachweis einer bestimmten Blutalkoholkonzentration, ohne dass weitere Anzeichen unsicherer Fahrweise vorliegen müssen. Die Erfüllung des Straftatbestandes nach § 316 StGB wird ausnahmslos angenommen. Diese absolute Fahruntüchtigkeit liegt bei Führern von Kraftfahrzeugen bei 1,1 Promille, bei Radfahrern bei 1,6 Promille.
Unter diesen Werten kann ebenfalls Fahruntüchtigkeit vorliegen. Diese relative Fahruntüchtigkeit wird nach der Rechtsprechung ab 0,3 Promille dann angenommen, wenn alkoholbedingte Anzeichen hinzukommen. Ausdrücklich gilt dieser Grundsatz auch für Fahrradfahrer. Die Überschrift in der FAZ im Rahmen der Berichterstattung zum deutschen Verkehrsgerichtstag: „Mit 1,6 Promille kann man noch fahren“ ist damit irreführend. Allerdings muss zugestanden werden, dass Fahrradfahrer auch in nüchternem Zustand Verkehrsregeln nicht konsequent einhalten, so bei Rot über die Ampel fahren, entgegen der Einbahnstraße oder ohne Licht fahren. Daher wird dann, wenn es nicht zum Sturz kommt oder deutlich erkennbare Schlangenlinien gefahren werden, der Nachweis der relativen Fahruntüchtigkeit nur schwer zu führen sein.
In einer aktuellen Studie des Instituts für Rechtsmedizin in Düsseldorf wurde nun festgestellt, dass bei Fahrradfahrern nicht erst im Bereich von 1,6 Promille, sondern bereits im Bereich von 0,8 bis 1,1 Promille eine signifikante Zunahme von groben Fahrfehlern auftritt.
Vor diesem Hintergrund hatte sich der Verkehrsgerichtstag damit beschäftigt, ob eine Angleichung des Wertes für die absolute Fahruntüchtigkeit an den gängigen Grenzwert für Autofahrer von 1,1 Promille empfohlen werden soll. Dies wurde mit dem Argument abgelehnt, dass der unter Alkohol stehende Verkehrsteilnehmer dann, wenn die strafrechtliche Folge ohnehin identisch ist, dem Fahrrad aus Bequemlichkeitsgründen das Auto vorzieht und damit insbesondere auch für andere Verkehrsteilnehmer eine höhere Gefährdung darstellt.
Eine deutliche Mehrheit des Arbeitskreises hat sich allerdings dafür ausgesprochen, entsprechend der 0,5 Promille-Grenze für Kraftfahrer gemäß § 24 a Straßenverkehrsgesetz einen Bußgeldtatbestand auch für Fahrradfahrer zu schaffen. Der gesetzliche Grenzwert sollte dabei bei 1,1 Promille liegen. Dies würde bedeuten, dass bei einem Promillewert von 1,1 bis 1,59 auch ohne Ausfallerscheinungen kein Straftatbestand erfüllt wäre, jedoch ein Bußgeld in Höhe von 250,00 € anfiele.
Die Entscheidung über diese Empfehlung bleibt spannend.
Karin Langer Fachanwältin für Verkehrsrecht HEINZ Rechtsanwälte, Heidelberg www.heinz-rae.de