Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) hat mit Urteil vom 02.08.2013 (Az.: 5 U 562/13) in einem Berufungsverfahren entschieden, bei dem eine Klägerin gegen die Haftpflichtversicherung einer Unfallfahrerin Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht hat. Bei dem Unfall wurde eine LKW-Sattelzugmaschine der Klägerin durch den Aufprall eines bei der beklagten Versicherung haftpflichtversicherten Personenkraftwagens erheblich beschädigt. Frühmorgens im Dunklen stand der Sattelzug der Klägerin an der Laderampe eines Supermarktes. Vom angrenzenden Parkplatz raste die Unfallverursacherin mit über 50 km/h mit ihrem PKW – möglicherweise bei ausgeschalteter Beleuchtung – frontal gegen die Sattelzugmaschine. Bei dem Unfall wurde die Unfallverursacherin erheblich verletzt, ihr Kraftfahrzeug wurde zerstört. An der Sattelzugmaschine entstand ein Sachschaden von über 25.000,00 EUR netto. Im Laufe des Verfahrens wurde von der Versicherung der Einwand erhoben hatte, sie sei für den Schaden der Klägerin nicht eintrittspflichtig, weil die Unfallfahrerin den Versicherungsfall in Selbstmordabsicht vorsätzlich herbeigeführt habe. Das OLG bestätigte grundsätzlich, dass, so wörtlich „bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer gleichwohl kein Direktanspruch besteht, denn die vom Versicherer übernommene Gefahr umfasst gerade nicht Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer aufgrund vorsätzlicher Schadenszufügung; bestätigt wird dieses Ergebnis durch § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Pflichtversicherungsgesetz, der für einen solchen Fall einen Anspruch gegen den Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen gewährt (…).“ Deshalb wurde über die Absichten der Fahrerin vor dem OLG heftig gestritten. Bei der umfangreichen Beweisaufnahme wurde ein Versuch der Selbsttötung von einem Sachverständigen nicht ausgeschlossen, ohne ihn aber für überwiegend wahrscheinlich einzustufen. Das OLG konnte nicht die Überzeugung von einem vorsätzlichen Handeln bei der Schadenszufügung gewinnen. Danach schloss das OLG die Leistungsfreiheit der beklagten Versicherung im Verhältnis zur Versicherungsnehmerin und damit auch im Verhältnis zur Klägerin aus. Der Fall zeigt, dass es bei Verkehrsunfällen auch bei scheinbar klaren Unfallhergängen im Verfahren zu Überraschungen kommen kann. Deswegen sollte man sich grundsätzlich von Anfang an von einem Verkehrsrechtler beraten lassen.