Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) hat einen strittigen Verkehrsunfall in einem Berufungsverfahren entschieden, bei dem ein minderjähriger Schüler die Straße überquert hatte, um einen Schulbus zu erreichen, als er von einem Kfz erfasst und verletzt wurde. Nach dem Urteil des OLG kann den Schüler, der von einem gegen § 20 Abs. 4 StVO verstoßenden Fahrzeugführer erfasst wird, eine Mithaftung von 25% treffen (Urteil v. 12.8.2013, Az.: 12 U 806/11). In erster Instanz sei das Landgericht zutreffend von einer Haftung der Beklagten von 75% ausgegangen. Die Beklagten haben vorgetragen, der Unfallfahrer sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h an dem auf der rechten Seite mit eingeschalteter Warnblinkanlage in der Haltebucht stehenden Schulbus vorbeigefahren. Einen Verstoß gegen § 20 Abs. 4 StVO, der Schrittgeschwindigkeit vorschreibt, sei damit eingeräumt. Der geschädigte Schüler wird von dem Schutzbereich dieser Vorschrift erfasst, weil diese alle Fahrgäste schützen will, gleich aus welcher Richtung sie über die Straße zum Bus laufen. Nicht erheblich ist, dass der Schüler von der linken Straßenseite über die Straße zum Bus gelaufen ist. Damit war der Unfallfahrer verpflichtet, bei Annäherung an den mit eingeschalteter Warnblinkanlage stehenden Schulbus auch die Gegenfahrbahn in den Blick zu nehmen, um rechtzeitig auf einen querenden Fußgänger reagieren zu können. Dem geschädigten Schulkind sei ein Mitverschulden von 25% zur Last zu legen, das er sich zurechnen lassen müsse. Der Fall zeigt einerseits, wie wichtig die Einhaltung der nach der StVO in solchen Fällen vorgeschriebenen Schrittgeschwindigkeit ist, weil diese eine längere Beobachtungszeit als bei einer höheren Geschwindigkeit und ein schnelleres Anhalten ermöglicht. Andererseits verdeutlicht der Fall, inwieweit mit Hilfe eines Anwalts Verkehrsverstöße und Fahrfehler auch eingeräumt werden können, ohne dass damit eine volle Haftung einhergehen muss.