Das Oberlandesgericht München (OLG) hat mit Urteil vom 9. August 2012 (Az. 10 U 572/12) die gängige Rechtsprechung bestätigt, wonach bei einem Auffahrunfall gegen den auffahrenden Hintermann der sog. Beweis des ersten Anscheins spricht. Im Fall ging es um einen Auffahrunfall auf einer Rampe beim Ausfahren aus einer Tiefgarage. Der auffahrende Hintermann weigerte sich den Schaden zu ersetzen. Er behauptete, dass die vorausfahrende Klägerin den Rückwärtsgang eingelegt habe, was er an dem weißen Rückwärtsscheinwerfer erkannt habe und dann auf ihn aufgefahren sei. Das OLG aber war nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die klägerische Fahrzeuglenkerin, nachdem ihr an der Ausfahrt der Tiefgaragenrampe der Motor abgestorben ist, maximal einen halben Meter zurückrollte und der Beklagte, der damit nicht rechnete, auf das klägerischen Fahrzeug aufgefahren sei. Das OLG ist der Ansicht, dass es bekannt sei, dass es problematisch sei, die Handbremse zu lösen und gleichzeitig genügend Gas zu geben. Dass man dabei etwas zurückrolle sei lebensnah. Das OLG glaubt dem Beklagten nicht, weil die Klägerin beim Rückwärtsfahren nie die Kollisionsgeschwindigkeit hätte erreichen können, die notwendig ist, um einen solchen Unfallschaden zu verursachen. Damit war es dem auffahrenden Beklagten nicht gelungen, den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften. Der Fall zeigt, dass auch bei scheinbar klaren Unfallhergängen sofort die Einschaltung eines Anwalts für Verkehrsrecht anzuraten ist, weil häufig seltsame Sachverhaltsdarstellungen des Unfallgegners vorgetragen werden.