Über die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall mit einem Fahrrad hatte das Oberlandesgericht Saarbrücken zu befinden (Urteil vom 24.4.2012, Az.: 4 U 131/11 – 40). Das OLG hat entschieden, dass kein Anlass besteht, die Haftung des Halters auf eine Quote von weniger als 50% zu beschränken, soweit sich in der Abwägung der Mitverschuldensanteile die einfache Betriebsgefahr des unfallverursachenden KFZ und das einfach fahrlässige Verschulden eines 12 Jahre alten Radfahrers gegenüber stehen. Sofern die Straßenverkehrsbehörde die zulässige Geschwindigkeit auf 70 km/h beschränkt und den Verkehr durch Aufstellen eines Zusatzschildes vor „gefährlichen Einmündungen“ gewarnt hat, verhalte sich der Verkehr verkehrsgerecht, wenn er dem Straßenverlauf und den wahrnehmbaren Einmündungen eine größere Aufmerksamkeit widme. Der Fahrer sei ohne konkrete Anhaltspunkte auf eine sich abzeichnende Gefahrensituation nicht verpflichtet, seine Geschwindigkeit alleine mit Blick auf das Zusatzschild deutlich unter die vorgeschriebene, beschränkte Geschwindigkeit herabzusetzen. Das OLG hat damit auf die Berufung des Klägers ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken abgeändert und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den ihm anlässlich eines Verkehrsunfallgeschehens im Jahr 2008 den entstandenen und künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden in Höhe einer Quote von 50 % zu erstatten. Ferner wurden die Beklagten zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Gegenstand des Rechtsstreits war der schwere Verkehrsunfall, den der Kläger erlitten hat, als er mit seinem Fahrrad von dem KFZ des Beklagten erfasst, über die Motorhaube und den rechten Dachbereich geschleudert wurde und schließlich 23 m hinter dem Einmündungsbereich der Fahrbahn zu liegen kam. Der Kläger erlitt u.a. ein geschlossenes Schädelhirntrauma dritten Grades mit multiplen diffusen atonalen Verletzungen sowie multiplen Kontusionsherden, schweren Blutung mit Begleiterscheinungen in Form einer hochgradigen Aphasie, einer Dysarthrie sowie einer Sprechaparxie. Das OLG hat im Ergebnis eine bei der Gewichtung des Mitverschuldens eine hälftige Haftungsquote für sachgerecht erachtet. Der Fall verdeutlicht, dass es sich für Unfallbeteiligte in Verkehrsunfallsachen vielfach lohnen kann, Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil einzulegen, wenn sie vor Gericht zunächst erstinstanzlich unterliegen, aber gut anwaltlich vertreten sind.