Absehen vom Fahrverbot mangels abstrakter Gefährdung, Teil 4

Im Gesetz ist nicht ausdrücklich geregelt, unter welchen konkreten Voraussetzungen vom einem Fahrverbot abgesehen werden kann. Die Rechtsprechung hat daher Fallgruppen entwickelt, bei deren Vorliegen von einem Fahrverbot abgesehne werden kann. Dies ist aber stets auch eine Frage des Einzelfalles und unterliegt allein tatrichterlicher Würdigung. Eine Fallgruppe, wonach von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, sind die Fälle, in denen es aufgrund der Verkehrsverstoßes nicht zu einer abstrakten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist.

 1.      Absehen von Fahrverbot wegen Geschwindigkeitsüberschreitung

Hat der Betroffene die zulässige Geschwindigkeit erheblich überschritten, haben Gerichte in den nachfolgenden Fällen von einem Fahrverbot abgesehen, da es trotz der Verstöße nicht zu einer abstrakten Gefahr gekommen ist.

  • Der Betroffene hat auf der Autobahn die Geschwindigkeit um 45 km/h überschritten. Obwohl an sich nach der Bußgeldkatalogverordnung ein Fahrverbot hätte verhängt werden müssen, hat das Gericht hiervon abgesehen, da die Fahrbahn gut ausgebaut und trocken war und nur wenig Verkehr herrschte. Andererseits kann nach der Rechtsprechung von einem Fahrverbot nicht abgesehen werden, weil der Betroffene ein Vielfahrer ist und die Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer verkehrsarmen Zeit geschah.

 

  • Das OLG Düsseldorf hat in einem Fall von einem Fahrverbot abgesehen, indem der Betroffene innerorts die zulässige Geschwindigkeit um 30 km/h auf einer gut ausgebauten Ausfallstraße in der Nähe des Ortsausganges überschritten hat.

 

  • Das Übersehen eines Geschwindigkeit begrenzenden Verkehrsschildes rechtfertigt bei eine Ersttäter das Absehen von einem Fahrverbot, wenn der Verkehrsverstoß zu einer verkehrsarmen Zeit geschah und es nicht zu einer Fremdgefährdung gekommen ist.

 

2.      Absehen vom Fahrverbot wegen atypischer Rotlichtverstöße

Auch in den Fällen der sog. atypischen Rotlichtverstöße haben die Gerichte in nachfolgenden Fällen von einem Fahrverbot abgesehen, da es in diesen Fällen, trotz des Rotlichtverstoßes nicht zu einer abstrakten Gefährdung gekommen ist.

 

  • So hat das OLG Karlsruhe von einem Fahrverbot abgesehen, bei dem der Betroffene an einer Fußgängerampel die Fußgänger passieren ließ und dann bei Rotlicht weiterfuhr.

 

  • In vielen Fällen des sog. Mitzieheffektes haben Gerichte ebenfalls von ein Fahrverbot abgesehen. Dies sind etwa die Fälle, wenn der Autofahrer als Linksabbieger bei Rot hält und bei Umschalten der Fahrspur geradeaus auf grün auch in die Kreuzung mit einfährt und dabei im Kreuzungsbereich hält, um den Gegenverkehr passieren zu lassen.

 

Autor:

Rechtsanwalt Felix Meißner, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht

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