In meinem Beitrag „Fahrerflucht – was habe ich als Strafe zu erwarten?“ habe ich einen Versuch unternommen, den Ersttätern die Angst vor einer Freiheitsstrafe zu nehmen. Ich hatte einen bearbeiteten Auszug aus zwei Tabellen veröffentlicht, die bei verschiedenen Staatsanwaltschaften und Gerichten Anwendung finden.
In dieser kleinen Serie will ich Beispiele darstellen, die typisch sind und die zeigen, wie sicher bzw. unsicher die Prognosen nach den Tabellen sind. In allen Beispielen ist M der Mandant. Die anderen Personen erhalten die Bezeichnungen A, B, C usw.
Beispiel 1
Sachverhalt aus der amtlichen Ermittlungsakte:
„Nach Angaben des Geschädigten A befuhren er und B die X-Straße aus Richtung der Y-Straße kommend, hintereinander im linken Fahrstreifen. Durch die Verengung von zwei auf einen Fahrstreifen durch ordnungsgemäß geparkte Fahrzeuge, wechselte der M mit dem Lkw vom rechten auf den linken Fahrstreifen, ohne rechtzeitiges Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers. Dabei konnte A nur noch durch eine Gefahrbremsung eine Berührung mit dem Lkw verhindern. B bemerkte dies zu spät und fuhr auf den vor ihr fahrenden Pkw des A auf. Der M setzte seine Fahrt unerlaubt fort. Die Zeugin C fuhr mit ihrem Fahrzeug hinterher, notierte sich das Kennzeichen des Lkw und übergab die Daten anschließend den anderen Unfallbeteiligten.
Sachschaden: 3.700 EUR.
Welche Folgen drohten:
– Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen
– Entziehung der Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von mindestens 6 Monaten
– 7 Punkte in Flensburg
– Regress über 3.700 EUR
– Erstattung der Anwalts- und Gerichtskosten von mehr als 700 EUR an seine Rechtsschutzversicherung
– arbeitsrechtliche Konsequenzen, da M in seiner Tätigkeit einen Lkw fährt
Das Mandat wurde noch im Ermittlungsverfahren übernommen, bevor der M eigene Angaben zur Sache machte. Das Verfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da der Vorwurf der Fahrerflucht nicht nachweisbar war. Keine der oben genannten Folgen trat ein.
Weitere Informationen: Buch zum Thema Fahrerflucht