Ein sehr sorgfältig begründetes Urteil des Amtsgericht Saarlouis enthält diverse Ausführungen zum Thema Nutzungsausfall, die auch für andere Fälle interessant sein dürften:
In diesem Fall wurde der Sachschaden fiktiv abgerechnet, worauf die Versicherung die falsche Argumentation vorbrachte, dass bei einer fiktiven Abrechnungen Nutzungsausfall nicht geschuldet sei (diese Argumentation wird in letzter Zeit vor allem von der HUK und der R & V entgegen der herrschen Rechtsprechung vorgebracht).
Das Gericht hat klargestellt, dass ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung auch in solchen Fällen gegeben ist.
Im Einzelnen für das Gericht wie folgt aus.
Zur angemessenen Dauer:
„Der Ersatzanspruch ist zwar grundsätzlich auf die erforderliche Ausfallzeit beschränkt. Neben der erforderlichen Instandsetzungs- bzw. Wiederbeschaffungsdauer ist jedoch auch die Zeit für vorbereitende Maßnahmen zu berücksichtigen. So ist der Geschädigte zwar zur Schadensbehebung in angemessener Zeit und damit zur unverzüglichen Einleitung der Wiederherstellung verpflichtet, er darf aber grundsätzlich die Schadensfeststellung abwarten und ggf. eine angemessene Überlegungszeit für sich in Anspruch nehmen, wenn Wiederherstellungsalternativen bestehen (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 249 BGB (Stand: 06.08.2020), Rn. 180, Rn. 220)„
Zur Frage, ob Nutzungsausfall auch für die Zeit, in der sich der Geschädigte im Krankenhaus befunden hat, verlangt werden darf:
„Auch die hypothetische Nutzungsmöglichkeit war gegeben. Zwar konnte der Kläger das Fahrzeug jedenfalls während seiner Hospitalisierung nicht selbst nutzen. Zwar war der Kläger im Zeitraum vom 03.08.2022 bis 08.08.2022 unstreitig im Krankenhaus, sodass er das Fahrzeug selbst nicht nutzen konnte. Allerdings ist auch ausreichend, dass das Fahrzeug auch von Familienangehörigen genutzt worden wäre (BGH, Urteil vom 28. Januar 1975 – VI ZR 143/73 –, Rn. 10, juris). Dies war vorliegend zur Überzeugung des Gerichts im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO der Fall. Der Kläger hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung überzeugend dargelegt, dass das Fahrzeug genutzt worden wäre, um die Ehefrau des Klägers zu transportieren, die sich selbst keine langen Fahrstrecken zutraue, außerdem wäre es für Einkäufe und Arztbesuche genutzt worden. Dies wurde auch durch den Zeugen XXXX bestätigt, der angab, nach dem Krankenhaus den Kläger zum Einkaufen und zum Arzt gefahren zu haben. Auch hat der Zeuge XXXX bestätigt, dass während der Kläger im Krankenhaus gewesen sei, vielleicht seine Kinder oder seine Frau gefahren wären. Jedenfalls wäre das Fahrzeug in der Zeit auch genutzt worden. Der Kläger würde im Prinzip sein Auto selbst fahren, das Auto wäre aber gebraucht worden für eigene Zwecke des Klägers oder auch zum Einkaufen. Nach alledem ist das Gericht davon überzeugt, dass das klägerische Fahrzeug im Zeitraum des Nutzungsausfalles jedenfalls von Familienmitgliedern genutzt worden wäre, mithin das Fahrzeug bei hypothetischer Nutzungsmöglichkeit auch im Einsatz gewesen wäre.„
Und schließlich zur Frage, ob bei einem Kfz mit einem Alter von deutlich über zehn Jahren nur noch Vorhaltekosten verlangt werden dürfen oder Nutzungsausfall:
„Schließlich war aufgrund des Alters des klägerischen Fahrzeuges von deutlich über 10 Jahren zur Überzeugung des Gerichts jedoch eine Herabstufung um zwei Stufen vorzunehmen (vgl. insofern BGH, Urteil vom 23. November 2004 – VI ZR 357/03). Dies entspricht unstreitig einem Tagesbetrag von 43,00 EUR bei einer vorzunehmenden Eingruppierung in die Ausfallgruppe E, da das Fahrzeug ausweislich der durch die Klägerseite übermittelten Nutzungsausfalltabelle zunächst in die Ausfallgruppe G einzugruppieren wäre. Zwei Gruppen niedriger entspricht der Ausfallgruppe E
Das Aktenzeichen werden wir zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen.
Über den Autor:
Rechtsanwalt Klaus Spiegelhalter ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Saarlouis. Rechtsanwalt Spiegelhalter hilft in allen Fragen des Verkehrsrechts insbesondere bei der unbürokratischen Unfallabwicklung (auch per Web-Akte), Bußgeld, Führerscheinproblemen, Punkten in Flensburg usw.
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