Die Tiergefahr ist nur dann in Ansatz zu bringen, wenn nachgewiesen ist, dass diese auch tatsächlich zur Verursachung des Schadens beigetragen hat (Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 15.03.2022).

Der Fall:

Der Hund unseres Mandanten befand sich in einem PKW, als ein anderer Hund an dem PKW hochsprang und diesen verkratzte. Die entsprechenden Schäden wurden beim Halter und Führer des Hundes geltend gemacht.

Das Problem:

Die Haftpflichtversicherung zahlt lediglich 70 %, weil – so argumentierte die Versicherung –  sich die Tiergefahr des Hundes unseres Mandanten ausgewirkt habe und damit der Anspruch zu kürzen sei.

Das Urteil:

Das Amtsgericht Saarlouis hat mit oben genannten Urteil die restlichen 30 % zugesprochen und ein Mitverschulden bzw. eine Anrechnung der Tiergefahr abgelehnt.

Im Einzelnen begründet das Gericht das Urteil wie folgt:

„Ein Mitverschulden des Klägers scheidet aus.

Ein Geschädigter muss sich zwar gegebenenfalls die vom eigenen Tier ausgehende Tiergefahr, die den Schaden mit verursacht hat, entsprechend § 254 BGB anrechnen lassen (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 80. Aufl. 2021 , § 833 Rz. 13). Die Ersatzpflicht bestimmt sich dann nach dem Gewicht, mit dem die Tiergefahr beider Tiere im Verhältnis zueinander wirksam geworden ist (BGH, VersR, 16, f068). Vorliegend ist jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass der Hund des Klägers bzw. die von ihm ausgehende Tiergefahr überhaupt zur Verursachung des Schadens beigetragen hat.

 Keiner der Beteiligten vor Ort, weder der Kläger, noch der Zeuge …., noch der Beklagte zu 1 gaben an, wahrgenommen zu haben, dass der klägerische Hund sich in irgendeiner Weise, ob nun akustisch oder optisch überhaupt bemerkbar gemacht hat. Der Beklagte zu 1 gab zwar zunächst an, ein Bellen wahrgenommen zu haben, er vermute, dies sei der Hund des Klägers gewesen, korrigierte seine Aussage aber sodann dahingehend, es sei ein Geräusch gewesen, ob nun ein Bellen oder etwas anderes wisse er nicht, jedenfalls habe der Weimaraner die Ohren gespitzt und sei losgelaufen.

Damit ist über die physische Anwesenheit des klägerischen Hundes im Hardtop des Pick-ups kein Nachweis über ein irgendwie geartetes Verhalten des klägerischen Hundes oder einen Reiz, den dieser gesetzt hat und so mitursächlich für den Schadenseintritt geworden wäre, erbracht.

Die bloße physische Anwesenheit ohne Nachweis eines tiertypischen Verhaltens kann jedoch eine Mithaftungsquote nicht begründen (OLG Stuttgart, Urteil vom 16. April 2002,10 U205/01 ; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 833 Rz. 7).

Demgegenüber hat die Tiergefahr des Beklagten Hundes sich in erheblicher Weise realisiert. Nach den eigenen Angaben des Beklagten zu 1 hatte der Hund der Beklagten ,,zwar für einen Jagdhund einen guten Rückruf“, aber auch einen solchen Jagdtrieb, dass aufgrund des externen Reizes, ob nun ein Bellen oder ein sonstiges Geräusch – ein Rückruf nicht mehr möglich war, da der Hund auf sein Ziel fixiert und nur durch anleinen und wegziehen vom Auto des Klägers wegzubekommen war.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Aktenzeichen werden wir zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen.

Über den Autor:

Rechtsanwalt Klaus Spiegelhalter ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Saarlouis. Rechtsanwalt Spiegelhalter hilft in allen Fragen des Verkehrsrechts insbesondere bei der unbürokratischen Unfallabwicklung (auch per Web-Akte), Bußgeld, Führerscheinproblemen, Punkten in Flensburg usw.

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