Anspruch auf Ersatz von 50% des Schadens trotz Rückwärtsfahrt und Vorfahrtsverstoss (Urteil des Amtsgerichts Merzig vom 23.06.2023)

Der Fall:

Unsere Mandantin fuhr von ihrem Grundstück rückwärts in eine Straße hinein, um von dort aus die Fahrt fortzusetzen.

Nachdem sie eingefahren war, fuhr der Unfallgegner mit  jedenfalls von unserer Mandantschaft behaupteter und vom Gutachter für wahrscheinlich gehaltener erhöhter Geschwindigkeit gegen das auf der Straße stehende Kfz unserer Mandantin.

Das Problem:

Die Versicherung weigerte sich, eine Mithaftung des gegnerischen Fahrers anzuerkennen.

Das Ergebnis:

Trotz der gegen unsere Mandantin sprechenden Anscheinsbeweise hat das Gericht die von uns erhobenen Klage über 50 % in vollem Umfang für begründet gehalten.

Im Einzelnen führt das Gericht wie folgt aus:

Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten kann zwar für den Beklagten-Pkw im Kollisionsmoment keine überhöhte Geschwindigkeit mehr konkret nachgewiesen werden. Jedoch ist erkennbar, dass der Beklagten-Pkw eine vorkollisionäre Reaktion im Sinne einer Abwehrlenkhandlung nach links ausgeführt hat. In diesem Zusammenhang erscheint es als hochwahrscheinlich, dass der Beklagte auch eine Abwehrbremsung durchgeführt hat. Deshalb dürfte die Ausgangsgeschwindigkeit erheblich höher als die Kollisionsgeschwindigkeit gelegen haben.
Fall dies gleichwohl nicht der Fall gewesen wäre, stünde fest, dass der Fahrer des Beklagten-Pkw „geträumt hat“, also nicht mit der notwendigen Aufmerksamkeit unterwegs gewesen ist. Denn die Unfallstelle ist bereits von einer relativ weiten Entfernung aus einsehbar. Das Fahrzeug der des Klägers war zum Unfallzeitpunkt noch mit maximal 1 bis 2 km/h rückwärts unterwegs, wahrscheinlich hat es gestanden. Auch dies hat das Sachverständigengutachten ergeben. Dies bedeutet, eigentlich hätte der Beklagte zu 2) genügend Zeit gehabt, auf das ausparkende Fahrzeug der Klägerin zu reagieren.
Dass diese Reaktion ausgeblieben ist, lässt sich nur mit der hochwahrscheinlichen überhöhten Geschwindigkeit oder mit einer völligen Unaufmerksamkeit des Fahrers des Beklagten-Fahrzeugs erklären.
Denn die Unfallstelle ist einsehbar. Sie liegt nicht im Kurvenbereich. Und das Fahrzeug der Klägerin hat im Kollisionszeitpunkt (zumindest fast) gestanden.

(…)

Eine hälftige Schadensteilung, so wie von dem Kläger begehrt, erscheint deshalb dem Unfallverlauf angemessen.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Aktenzeichen und die vollständigen Urteilsgründe werden wir zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen.

Über den Autor:

Rechtsanwalt Klaus Spiegelhalter ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Saarlouis. Rechtsanwalt Spiegelhalter hilft in allen Fragen des Verkehrsrechts insbesondere bei der unbürokratischen Unfallabwicklung (auch per Web-Akte), Bußgeld, Führerscheinproblemen, Punkten in Flensburg usw.

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