In der täglichen Praxis der Verkehrsunfallabwicklung spielt die Problematik des Vorschadens eine immer größere Rolle. Regulierungspflichtige Versicherer verlangen immer öfter genaue Auskunft und Nachweise darüber, welche Vorschäden das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt bereits aufgewiesen hat und wie diese repariert wurden.
Wird diese Frage nicht oder nicht zu vollster Zufriedenheit des Versicherers beantwortet, so wird eine Regulierung in vielen Fällen verweigert und der Geschädigte auf den Klagewege verwiesen.
Insbesondere in Fällen, in denen der Geschädigte von Vorschäden nichts weiß, weil diese beispielsweise beim Vorbesitzer aufgetreten und ihm nicht mitgeteilt worden sind, ist dies für den Geschädigten sehr misslich.
In diesen Fällen hilft jedoch eine wichtige Entscheidung des Bundesgerichtshof (Beschluss vom 15.10.2019 – VI ZR 377/18), weil der Geschädigte nach dieser Entscheidung im Verfahren das Fehlen von Vorschäden bzw. die vollständige Reparatur etwaiger Vorachäden zulässigerweise auch dann unter Beweis stellen darf, wenn er hierüber keine gesicherte Kenntnis hat.
Das Gericht führt in der genannten Entscheidung wie folgt aus
„b) Soweit der Geschädigte behauptet, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und die beschädigte Sache in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann es ihm jedoch nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Er ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin kann weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1988 – IVa ZR 67/87, NJW-RR 1988, 1529, juris Rn. 7; Senatsurteil vom 10. Januar 1995 – VI ZR 31/94, NJW 1995, 1160, juris Rn. 17).“
Man sollte sich als Geschädigter in solchen Fällen daher nicht „ins Bockshorn jagen lassen“ und ggf. die Ansprüche gerichtlich geltend machen.
Über den Autor:
Rechtsanwalt Klaus Spiegelhalter ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Saarlouis. Rechtsanwalt Spiegelhalter hilft in allen Fragen des Verkehrsrechts insbesondere bei der unbürokratischen Unfallabwicklung (auch per Web-Akte), Bußgeld, Führerscheinproblemen, Punkten in Flensburg usw.
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