Fachanwalt Verkehrsrecht Augsburg: Grundsätzlich muss nach unserem Rechtssystem niemand an seiner strafrechtlichen Überführung mitwirken – zumindest nicht aktiv. Aus diesem Grunde sollte auch tunlichst nicht geholfen werden, belastendes Material zu sammeln, wenn das rechtlich zulässig vermeidbar ist. Tipp: Nutzen Sie deshalb alle Rechte, die Ihnen helfen, böse Folgen eventuell zu mildern. Wie man sich richtig verhalten sollte, erfahren Sie hier.
Betroffene von Alkoholkontrollen und Drogenkontrollen, sind in unserer, u. a. auf Verkehrsrecht und zugleich Strafrecht spezialisierten Kanzlei keine seltenen Besucher. Die wichtige Frage, wie man sich bei den Kontrollen hätte richtig verhalten sollen, wird in der Regel zu spät gestellt. Und so folgte dem Fehler, sich überhaupt ans Steuer gesetzt zu haben, der nächste.
Grundsätzlich stehen zur Erfassung und Messung des Grades der Alkoholisierung zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Die Messung der Atemalkoholkonzentration (AAK) und die Messung der Blutalkoholkonzentration (BAK).
Die AAK wird in Milligramm pro Liter Atemluft (mg/l) gemessen, die BAK in Promille. Als Maßeinheit dient das Massenverhältnis Milligramm Alkohol pro Gramm Blut (mg/g). Das Verhältnis zueinander entspricht etwa 1 (AAK): 2,1 (BAK), es entsprechen also 1,0 mg/l AAK etwa 2,1 mg/g BAK (= 2,1 Promille). Nach einer allgemein üblichen Faustformel errechnen sich die Promille BAK also aus dem Doppelten der AAK.
Die AAK / BAK Grenzwerte
Der gesetzlich festgelegte Grenzwert liegt bei 0,25 mg/l Atemalkohol oder 0,5 mg/g (Promille) Blutalkohol. Eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG liegt dann vor, wenn der Betroffene / Beschuldigte einen Atemalkoholwert von mindestens 0,25 mg/l Atemluft oder 0,5 mg/g (Promille) Blutalkohol aufweist.
Sofern sich jedoch ab einer BAK von 0,30 mg/l (Promille) ein alkoholbedingter Fahrfehler dazu gesellt – z.B. das Überfahren einer roten Ampel, ein Auffahrunfall oder das Abkommen von der Straße – können die Folgen dramatisch sein: Dann wird die Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StGV in der Regel automatisch zu einem strafrechtlichen Vergehen der Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB. Während im Falle der Ordnungswidrigkeit neben der Geldbuße „nur“ ein Fahrverbot von 1 bis max. 3 Monaten die Folge ist, droht für den Fall einer strafrechtlichen Verurteilung der Entzug der Fahrerlaubnis mit einer Sperre von mindestens 6 Monaten – in der Regel deutlich mehr. Das Fahrverbot endet nach Ablauf darüber hinaus automatisch, nach einem Entzug muss die Fahrerlaubnis hingegen neu beantragt werden, was immer wieder zu Schwierigkeiten führt.
Ab einer BAK von 1,1 mg/g (Promille) ist es mit der Ordnungswidrigkeit ebenfalls vorbei und die Türe für ein Strafverfahren nach § 316 StGB öffnet sich. Dieser Wert gilt in der Rechtsprechung seit Jahren als gesicherte Grenze für die Annahme der absoluten Fahruntüchtigkeit mit den beschriebenen Folgen.
Sofern die Atemalkoholkontrolle fehlerfrei durchgeführt wurde, ist das Ergebnis für ein Bußgeldverfahren – und nur dafür – verwertbar. In einem Strafverfahren kann eine Verurteilung jedoch ausschließlich auf der Grundlage einer Blutalkoholuntersuchung erfolgen, die AAK ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) hierfür nicht ausreichend.
Ob eine Atemalkoholkontrolle entsprechend der Rechtsprechung des BGH fehlerfrei durchgeführt wurde, kann in der Regel erst nach erfolgter Akteneinsicht eingeschätzt werden. Den Betroffenen / Beschuldigten wird Akteneinsicht jedoch nicht unmittelbar gewährt, weshalb ein Rechtsanwalt mit dieser Aufgabe betraut werden muss.
Wie aber verhält man sich aus Sicht des Strafverteidigers – die naturbedingt mit den moralischen Aspekten nicht immer in Einklang zu bringen ist – bei einer Alkoholkontrolle oder Drogenkontrolle richtig?
Grundsätzlich muss nach unserem Rechtssystem niemand an seiner strafrechtlichen Überführung mitwirken – zumindest nicht aktiv. Aus diesem Grunde sollte auch tunlichst nicht geholfen werden, belastendes Material zu sammeln, wenn das rechtlich zulässig vermeidbar ist.
Angaben zum Trinkende und zur Trinkmenge verweigern
Angaben zu Trinkmenge und zum Trinkende sollten gegenüber der Polizei unter keinen Umständen gemacht werden. Eine gerichtsverwertbare Atemalkoholmessung setzt voraus, dass zwischen dem gesicherten Zeitpunkt des Trinkendes und dem Zeitpunkt der ersten Atemalkoholmessung ein zeitlicher Abstand von mindestens zwanzig Minuten liegt. Die Uhrzeit der jeweiligen Messung findet sich auf dem Messprotokoll wieder. Liegen keine Informationen zum Trinkende vor, ist als gesicherter Zeitpunkt immer erst der Zeitpunkt der Polizeikontrolle heranzuziehen mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt noch 20 Minuten zu warten sind. 20 wichtige Minuten, in denen der Körper Minute für Minute den Alkohol weiter abbauen kann. Während Männer durchschnittlich 0,15 Promille Alkohol pro Stunde abbauen, sind es bei Frauen nur 0,13 Promille.
Atemalkoholtest keine Pflicht – Expertentipp: Verweigern !!
Unabhängig davon sollten sich Betroffene / Beschuldigte sehr gut überlegen, ob sie an einer Atemalkoholkontrolle mitwirken. Eine gesetzliche Verpflichtung hierzu besteht nicht und in der Regel ist unser Rat zu diesem Thema auch eindeutig: Ablehnen!! – es sei denn, man ist mit gesicherten 0,0 Promille unterwegs.
Die Atemalkoholuntersuchung dient in erster Linie dazu, den Nachweis einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StGV gerichtsverwertbar zu führen, in zweiter Linie dient sie dazu, den Anfangsverdacht einer Straftat der Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB oder der Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB zu erhärten. An der Erhärtung eines derartigen Anfangsverdachtes muss aber niemand mitwirken. Das ist Aufgabe der Polizei.
Was aber passiert, wenn der Atemalkoholtest verweigert wird?
Die sich damit für die Polizeibeamten zwingend stellende Frage ist die, ob der Betroffene/Beschuldigte zum Zwecke der Blutentnahme mit auf die Wache genommen wird, oder nicht. Da es sich hierbei um eine Frage handelt, deren Beantwortung dem Ermessen der Polizeibeamten unterliegt, wird es also darauf ankommen, wie sicher sie sich sind. In Zweifelsfällen sind die Chancen nicht gering, dass auf eine Blutentnahme verzichtet wird und die Polizeibeamten den Betroffenen/Beschuldigten weiter fahren lassen. Denn zum einen kosten Blutentnahmen Geld – zu Unrecht angeordnete Blutentnahmen gehen zu Lasten der Staatskasse und bedürfen einer Rechtfertigung. Zum anderen schwebt auch immer der Straftatbestand der Körperverletzung im Amt nach § 340 StGB über der Handlungsweise der Polizeibeamten, der nicht zu vernachlässigen ist. Denn:
(1) Ein Amtsträger, der während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst eine Körperverletzung begeht oder begehen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
(2) Schon der Versuch ist strafbar.
Sollte der Betroffene / Beschuldigte dennoch zur Blutentnahme mit zur Wache genommen werden, sollte er auch zur Nachtzeit grundsätzlich auf eine richterliche Anordnung der Blutentnahme bestehen und auf keinen Fall einer freiwilligen Blutentnahme zustimmen – was nicht heißt, dass er sich dagegen wehren darf / kann / soll. Da der Betroffene / Beschuldigte jedenfalls dazu verpflichtet ist, die Maßnahme der Blutentnahme zu dulden, ist jeglicher (auch passiver) Widerstand tunlichst zu unterlassen, im Übrigen auch sinnlos. Der Widerspruch gegen die Maßnahme sollte im Protokoll vermerkt werden. Spätestens in Anwesenheit des Arztes sind die Polizeibeamten dann in der Regel auch bereit, dieser Bitte nachzukommen. Neben dem in Strafverfahren allgemein gültigen Grundsatz Schweigen ist Gold, ist oberstes Prinzip jedoch: Freundlich bleiben !! Zum einen machen auch die Polizeibeamen nur ihren Job, zum anderen ist es nicht selten, dass der ursprüngliche Verdacht (hier: der Trunkenheit im Verkehr) nicht geführt werden kann, sich jedoch im Zusammenhang mit der Maßnahme verfolgbare Straftaten des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte oder der Beleidigung ergeben. Unbeteiligte und gänzlich neutrale Entlastungszeugen wird es naturgemäß meist nicht geben.
Sonderproblem: Drogenfahrt
Bei Verdacht auf eine Fahrt unter Betäubungsmitteln gilt ähnliches.
Die Nachweisbarkeit von THC ist von allen Betäubungsmitteln die Längste. Der Konsum für sich allein ist nicht strafbar, kann allerdings den Führerschein kosten. Deswegen gilt auch hier: Schweigen ist Gold !!
Als Faustregel gilt: Im Urin ist die Nachweisbarkeit über Tage möglich, im Blut / Serum über Stunden.
Folgende Referenzwerte der Nachweisbarkeit des Drogenkonsums gelten:
Da die Nachweisdauer im Urin in der Regel deutlich länger ist, als im Blut, sollte auch hier einer Urinprobe nicht zugestimmt werden. Die Polizei kann auch keinen Betroffenen / Beschuldigten dazu zwingen, am Straßenrand die Hose runter zu lassen. Auch der Vortest ist freiwillig. Die Verweigerung wird / kann dann unter den oben zum Thema Alkohol beschriebenen Grundsätzen jedoch zur Blutentnahme führen.
Sonderproblem: Sicherstellung / Beschlagnahme des Führerscheins
Besteht nach Auffassung der Polizei der Verdacht, dass ein Betroffener / Beschuldiger unter Alkoholeinfluss oder Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat, dann kann der Führerschein unter bestimmten Voraussetzungen eingezogen, also sichergestellt bzw. (gegen den Willen des Inhabers) beschlagnahmt werden.
Die Anordnung zur Sicherstellung oder Beschlagnahme kann entweder vom Richter, oder unter gewissen Voraussetzungen durch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei erfolgen.
Unabhängig der Frage, ob der Führerschein zu Recht sichergestellt / beschlagnahmt wurde, darf hiervon ab diesem Zeitpunkt kein Gebrauch mehr gemacht werden. Solange der Führerschein sichergestellt oder beschlagnahmt ist, dürfen also keine fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr mehr geführt werden. Zuwiderhandlungen können den Straftatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis erfüllen.
Wer jedoch den Führerschein nicht mit sich führt, begeht eine in der Regel mit 10,00€ zu ahndende Ordnungswidrigkeit – dessen Führerschein kann aber auch nicht beschlagnahmt weden. Die Polizei kann nämlich nur das beschlagnahmen, was sie auch körperlich auffindet, der Führerschein muss also auch greifbar sein. Ist das nicht der Fall, muss die Polizei über die Staatsanwaltschaft bei Gericht die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO beantragen, was gelegentlich Wochen dauern kann. Bis dahin kann dann möglicherweise auch durch die Blutalkoholuntersuchung der Nachweis geführt werden, dass ein Grund für die Beschlagnahme bzw. die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht vorliegt.
Drohende MPU
Da nach den jüngsten Tendenzen in der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung auch bei Ersttätern unter 1,6 Promille BAK die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von der Vorlage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) abhängig gemacht werden kann,ist dringend dazu anzuraten, unverzüglich nach der Alkoholfahrt oder Drogenfahrt anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Eine MPU wird jedoch nur dann erfolgreich zu bestehen sein, wenn gewisse Voraussetzungen vorliegen. Wer jedoch bis zum Ablauf der Sperrfrist abwartet, diese zu schaffen, verschenkt die vergangene Zeit bis dahin.
Der allerbeste Tipp
Alles richtig macht jedoch mit Sicherheit derjenige, der sich schlicht und einfach an die goldene Regel hält: Wer Alkohol konsumiert – und sei es auch nur eine halbe Maß – lässt sein Auto von Beginn an zu Hause, es aber jedenfalls stehen. Im eigenen Interesse und in dem der übrigen Verkehrsteilnehmer.
Rechtsanwalt Udo Reissner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Verkehrsrecht, ADAC-Vertragsanwalt und Schwacke Vertragsanwalt
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