Wie lange erhalte ich Nutzungsausfallentschädigung?

Die Dauer des Nutzungsausfallzeitraums richtet sich nach dem Gutachten, so ein weit verbreiteter Irrglaube. Dieser Irrglaube erspart den Haftpflichtversicherern jährlich Unsummen. Tatsächlich kann sich aus dem Gutachten nur eine Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturdauer ergeben und dies auch nur als Prognose. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr expressis verbis klargestellt, was Haftpflichtversicherer gerne „übersehen“: „Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls besteht für die erforderliche Ausfallzeit, d.h. für die notwendige Reparatur – bzw. Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit.“

Dies bedeutet im Falle eines Totalschadens: Es sind nicht nur die – in der Regel – 14 Tage Wiederbeschaffungsdauer gemäß Gutachten zu erstatten, sondern zuzüglich auch für den Zeitraum bis zum Erhalt des Gutachtens (Schadensfeststellungszeitraum) plus angemessene Überlegungsfrist. Diese hängt selbstverständlich von den Umständen des Einzelfalles ab und wird von den Instanzgerichten in der Regel mit Zeiträumen bis zu zehn Tagen geschätzt.
Wird dies berücksichtigt, so erhält der Geschädigte für einen durchschnittlichen VW-Golf nicht nur 14 Tage a 50 € gleich 700 €, sondern durchaus das Doppelte, mithin insgesamt 1400 € an Nutzungsausfallentschädigung.

Aber auch im Fall eines Reparaturschadens spielt das eine Rolle. Dies zumindest dann, wenn das Fahrzeug aufgrund des Unfalls nicht mehr fahrbereit ist. Auch in diesen Fällen rechnen Kraftfahrthaftpflichtversicherer undifferenziert die prognostizierte Reparaturdauer gemäß Gutachten ab. So auch in dem nunmehr vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall. Solange das schriftliche Gutachten des Sachverständigen jedoch dem Geschädigten (noch) nicht vorliegt, kann dieser nicht disponieren. Der Bundesgerichtshof hat von daher im konkreten Fall weitere zehn Tage Nutzungsausfall a 59 €, mithin weitere 590 € zugesprochen.

Implizit wurde damit auch dem Argument der Versicherer eine Absage erteilt, wonach der Geschädigte verpflichtet wäre, vor Erhalt des Gutachtens beim Sachverständigen telefonisch anzufragen. Versicherer behaupten immer wieder, es läge dann ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, wenn der Geschädigte nicht beim Sachverständigen nachfasst. Insoweit kann nunmehr ebenfalls auf die gegenständliche Entscheidung verwiesen werden.

Anmerkung zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Februar 2013 zum Az. VI ZR 363/11 Rn. 20 bis 23.

 

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Michael Schmidl, anwaltschmidl.de

Der Autor ist Rechtsanwalt und Gründer der Fachanwaltskanzlei für Versicherungs- und Verkehrsrecht Schmidl. Er ist seit 2005 Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.

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