Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) hat mit Urteil vom 6. August 2012 (Az. I-6 U 14/12) über den Fall einer an einem Verkehrsunfall als Fußgängerin beteiligten Klägerin entschieden, die Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte als Fahrerin und Halterin des am Unfall beteiligten PKW geltend gemacht hat. Beim Abbiegevorgang übersah die Beklagte bei regnerischem Wetter tagsüber die klägerische Fußgängerin, die an einer nicht durch Verkehrszeichen geregelten Einmündung die Straße überqueren wollte. Die 62jährige Klägerin erlitt eine Trümmerfraktur am linken Bein mit einer Kniearthrose und späteren Knie-Prothese als Folgeschäden. Es wurde der bereits verrenteten Klägerin eine sechsmonatige Arbeitsunfähigkeit attestiert. Es trat zudem eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % ein, die voraussichtlich anhalten wird. Die Klägerin behauptet, sie habe die Fahrbahn nahezu vollständig überquert gehabt, als die Beklagte abgebogen sei. Diese habe sie von hinten angefahren. Ein Mitverschulden müsse Sie sich nicht anrechnen lassen, da während eines Abbiegevorgangs eines PKW ein Fußgänger Vorrang habe. Das Landgericht hat in erster Instanz der Klägerin Ansprüche in Höhe von 40 Prozent zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das OLG hingegen gab überwiegend der Klägerin Recht und stellte fest, dass dieser Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen. Wegen eines eigenen schuldhaften Verkehrsverstoßes muss die Klägerin allerdings noch immer eine Anspruchsminderung – nun in Höhe von 25 Prozent – hinnehmen. Das OLG stellte fest, dass die Beklagte schuldhaft gegen das Gebot des § 9 Abs. 3 S. 3 StVO verstoßen hat, indem sie der Klägerin beim Überqueren der Fahrbahn keinen Vorrang gewährt hat. Die Vorschrift räumt dem eine Straßeneinmündung querenden Fußgänger auch außerhalb förmlicher Fußgängerüberwege generell eine vorrangähnliche Stellung ein. Die Haftung ist jedoch gem. § 254 Abs. 1 S. 1 BGB durch das klägerische Mitverschulden gemindert, weil die Klägerin beim Betreten der Fahrbahn die gebotene Sorgfalt nicht walten lassen hat. Sie hat nicht ausreichend geschaut und hätte den Unfall verhindern können. Der Fall zeigt, dass bei Unfällen mit Personenschäden grundsätzlich immer sofort ein Verkehrsanwalt eingeschaltet werden sollte.