Haftungsverteilung bei Unfall nach Rotlichtverstoß

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) hat mit Urteil vom 20.09.2010 (Az.: 6 U 222/09) über die Haftungsverteilung zwischen einem aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden klägerischen Kfz und einem die Kreuzung bei Rotlicht passierenden anderen beklagten Kfz zu entscheiden. Der Beklagte wehrte sich vor dem OLG dagegen, dass das Landgericht ihm 25% Mitschuld an dem Unfall gegeben hat. Seiner Ansicht nach habe er trotz des Rotlichtverstoßes keine Schuld an Unfall, weil derjenige, der aus einer Grundstücksausfahrt komme immer 100% Schuld habe. Das OLG hat klargestellt, dass derjenige, der aus einem Grundstück auf die Fahrbahn einfahren will, sich dabei so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Komme es dabei zu einem Unfall, so spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der in den fließenden Verkehr hinein fahrende Kraftfahrer die ihm dabei obliegende gesteigerte Sorgfaltspflicht nicht beachtet und gegen § 10 StVO verstoßen hat. Grundsätzlich habe das aus dem Grundstück kommende Kfz dann 100% der Schuld zu tragen. Genau wie das Landgericht erkannte aber das OLG hier aber einen Sonderfall, weil der Beklagte das für ihn geltende Rotlicht durchfuhr. Das OLG kam anhand von Zeugenaussagen in Verbindung mit dem beigezogenen Ampelschaltplan zu der Überzeugung, dass der Beklagte in die Kreuzung einfuhr, als für ihn Rotlicht galt und er hätte anhalten müssen. Zwar komme es auf die Schuldhaftigkeit eines Verstoßes des Beklagten gegen § 37 StVO nicht an, da eine Lichtzeichenanlage regelmäßig nicht auch den Schutz des aus angrenzenden Grundstücken auf die Straße einfahrenden Fahrzeugverkehrs bezwecke und in der Folge er trotz Rotlichtverstoß sein Vorfahrtsrecht nicht gegenüber dem Unfallgegner grundsätzlich nicht einbüße. Allerdings wurde nach Ansicht des OLG die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs zum Unfallzeitpunkt durch den Rotlichtverstoß erhöht. Der Rotlichtverstoß des Beklagten musste zu seinen Lasten berücksichtigt werden, weil der Kläger wegen des gleichzeitigen Grünlichts bei der Fußgängerampel darauf vertrauten konnte, dass aus dieser Richtung kein Verkehr drohte. Dieses im Grundsatz berechtigte Vertrauen des Klägers wurde durch den Rotlichtverstoß des Beklagten nach Ansicht des OLG „enttäuscht“. Die Komplexität bei der rechtlichen Beurteilung dieses alltäglichen Unfalls zeigt, dass es sich immer lohnt, einen verkehrsrechtlichen versierten Anwalt einzuschalten.

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