In Anknüpfung an den von Dominik Bach zur Verfügung gestellten Beitrag des Kfz-Sachverständigen Christian Schenk zu den Rechten eines Geschädigten im Haftpflichtschaden soll in der Folge der Versuch unternommen werden, die als „Schadensmanagement der Versicherungen“ bezeichneten Kürzungsbestrebungen einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Hierbei wird sich zeigen, dass den Geschädigten eines Verkehrsunfalls tatsächlich die im vorgenanten Beitrag aufgeführten Rechte zustehen, jedoch mit unterschiedlichen Begründungen teilweise mutwillig vorenthalten werden.
Vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich ist der vertrauliche Hinweis eines ehemaligen Schadenssachbearbeiters einer großen Haftpflichtversicherung, dass in den Schadensabteilungen Regulierungsquoten ausgegeben werden, um die Schadensabwicklung in eine für die Versicherung genehme Richtung zu steuern. Gleichzeitig erhalten die Mitarbeiter Vergleichwerte auch im Verhältnis zu Ihren Arbeitskollegen, so dass auch arbeitgeberseits eine gewisse Drucksituation aufgebaut wird.
Aktuelles Beispiel dieser Kürzungsbestrebungen ist eine von unserer Kanzlei vertretenes Autohaus, dass einen Haftpflichtschaden an einem Vorführwagen erlitt. In diesem Zusammenhang wurde zunächst versucht, eine weitere Regulierung des Sachschadens in die eigenen Hände zu nehmen, so dass der gegnerischen Haftpflichtversicherung noch am gleichen Tag der entsprechende Haftpflichtschaden angezeigt wurde. Gleichzeitig teilte der Geschäftführer des Autohauses dem Sachbearbeiter mit, dass man entsprechend den üblichen Gepflogenheit einen unabhängigen Sachverständigen einschalten wolle.
Dementsprechend groß war dann die Verwunderung, als am nächtigen Tag plötzlich ein Gutachter der Versicherung vor der Tür stand und eine Besichtigung des Unfallfahrzeugs verlangte.
Da man jedoch gleichwohl nicht auf eine unabhängige Begutachtung verzichten wollte, wurde das bereits angekündigte Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben.
Die gegnerische Haftpflichtversicherung war jedoch in der weiteren Folge nicht bereit, die Kosten für die Einholung des Sachverständigengutachtens zu übernehmen. Mit dem Totschlagargument der „Schadensminderungspflicht“ des Autohauses wurden jedoch nicht nur die Gutachterkosten, sondern weitergehend auch die Kosten für die nunmehr erfolgte Einschaltung des Prozessbevollmächtigten abgelehnt.
Nach Rechtsauffassung der Versicherung verfügte unsere Mandantin als Unternehmen über genügend entsprechend qualifizierte Mitarbeiter, um diesen „einfach gelagerten Fall“ abzuwickeln.
Jedoch kann der Geschädigte – auch eine Behörde – die weitere Bearbeitung des Schadensfalls auf Kosten des Schädigers einem Rechtsanwalt übertragen, wenn die erste Anmeldung nicht zur unverzüglichen Regulierung des Schadens führt, vgl. BGH, Urt. v. 08.11.1994, Az. VI ZR 3/94.
Dem geschädigten Unternehmen kann es weder zugemutet werden, qualifizierte Mitarbeiter für die Schadensbearbeitung einzustellen, noch solche Mitarbeiter, sofern vorhanden, für die Schadensregulierung in eigener Sache zu verwenden, AG Gelnhausen, Urt. v. 16.09.1987, Az. C 694/87; so auch AG Friedberg, Urt. v. 06.12.2006, Az. 2 C 1319/06.
Weitergehend wurde die Versicherung darauf hingewiesen, dass der Geschädigte die Kosten für die Einholung eines Schadensgutachtens selbst dann erstattet verlangen kann, wenn diese selbst bereits einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt hat und der Geschädigte dies weiß, sog. Grundsatz der Waffengleichheit, vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.01.1974, Az. 13 U 125/73; jüngst etwa AG Oldenburg, Urt. v. 22.04.2008, Az. 22 C 1021/07.
Da der Gegner an dieser Stelle jedoch nicht willens oder in der Lage war, derartigen Argumenten zu folgen, musste eine gerichtliche Durchsetzung der noch offenen Beträge erfolgen.
Das einzig Vermeidbare im Sinne einer Verbesserung des eigenen Schadensmanagements ist es an dieser Stelle gewesen, die Haftpflichtversicherung derart früh über den Schadensfall informiert zu haben.
Bei einem vergleichbar aggressiven Auftreten der Versicherungen ist es daher auch nachvollziehbar, dass Privatpersonen diesen Regulierungsbestrebungen völlig hilflos gegenüberstehen, wenn selbst große Reparaturwerkstätten und Autohäuser anwaltlichen Rat benötigen.