a. Sachverhalt
Es kommt häufig vor, dass man mal einen Anhänger benutzt oder jemandem „ausleiht“. Aber was passiert bei einem Unfall? Jahrelang haben sich die Gerichte darüber gestritten, wer (ob nur Zugfahrzeug oder auch Halter des Hängers) in welcher Höhe dem Geschädigten gegenüber haftet, wenn der Eigentümer des Zugfahrzeugs und des Halters nicht identisch sind. Der Bundesgerichtshof hat diese jahrelange Ungewissheit nun geklärt.
b. Urteil des Bundesgerichtshofs
Mit Urteil vom 27.10.2010 hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass Zugfahrzeuge und Anhänger haftungsrechtlich gleichgestellt sind (beide haben dieselbe Kraftfahrzeug Betriebsgefahr) und eine Haftungseinheit bilden sowie im Außenverhältnis gesamtschuldnerisch haften.
Versicherungsrechtlich haben sie denselben vorgeschriebenen Haftpflicht – Versicherungsschutz. Dieser Versicherungsschutz erstreckt sich jeweils auf das Gespann, womit im Ergebnis eine Mehrfachversicherung (und im Regelfall eines Zugfahrzeuges mit nur einem Anhänger eine Doppelversicherung) vorliegt. Der Innenausgleich zwischen den Gesamtschuldnern erfolgt durch gleichmäßige Teilung der geschuldeten Aufwendungen. Dass ein‚ Anhänger kein Motorfahrzeug ist und dementsprechend nicht selbstständig fahren kann, war dem Gesetzgeber bekannt.
Die Schlussfolgerung ist aber nicht, dass ein Fehler des Gespann-Fahrers nur dem jeweiligen Motorfahrzeug anzurechnen wäre, sondern die richtige Konsequenz lautet, dass ein Fahrer-Verschulden dem gesamten Gespann gleichmäßig zuzurechnen ist.
Damit ist die hälftige Teilung ab sofort (und auch rückwirkend für alle noch nicht verjährten und nicht rechtskräftig oder vergleichsweise abgeschlossen Schadenfälle) der Regelfall, von dem es grundsätzlich keine Ausnahmen gibt.
c. Konsequenzen im Schadenfall
Für geschädigte Dritte ändert sich nichts. Sie können sich weiterhin wahlweise an die Versicherer des Zugfahrzeuges und des Anhängers wenden, die im Regelfall zwar identisch sind, aber nicht identisch sein müssen. Wer Halter eines Anhängers ist – nicht nur als gewerblicher Unternehmer, der seine Fahrzeuge vermietet oder ausnahmsweise verleiht, sondern ebenso als privater Halter, der Freunden einen Wohnwagen für den Urlaub überlässt oder Nachbarn eine Gepäckanhänger ausleiht – der sollte die Haftungsgefahr kennen, die ihn als Halter trifft, wenn sein Anhänger als Teil eines Gespanns an einem Unfall beteiligt ist.
Auch wenn der Anhänger völlig intakt und absolut „schuldlos“ am Unfall ist, hat er die Hälfte des Schadensersatzes zu übernehmen. Eine Anhänger zu halten, ohne ihn ausreichend versichert zu haben, ist und bleibt also materiell existenzbedrohend.
c. Tipp
Infolgedessen sollten Sie sich dem Haftungsrisiko bewusst sein. Wenn Sie als Privatperson Ihren Anhänger oder einen Wohnwagen weitergeben, sollten Sie sich zumindest schriftlich in einem Schadenfall von Ansprüchen dritter freistellen lassen.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht
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