Angabe einer falschen Laufleistung in der Vollkaskoversicherung

Das KG Berlin hat durch Beschluss vom 09.11.2010, AZ: 6 U 103/10, entschieden, dass der Kaskoversicherer trotz Falschangaben des Versicherungsnehmers zur Laufleistung (Kilometerstand) des verunfallten Fahrzeugs nicht zur Verweigerung der Zahlung berechtigt ist, wenn er im Zeitpunkt seiner Regulierungsentscheidung den tatsächlichen Kilometerstand kannte.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Versicherungsnehmer erlitt einen Verkehrsunfall und machte Leistungen aus seiner Vollkaskoversicherung geltend. Bekanntermaßen hängt die Leistung des Versicherers vom Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges ab. Der Wiederbeschaffungswert hängt seinerseits von der Laufleistung des Fahrzeuges ab. Nach dem Versicherungsvertragsgesetz hat der Versicherungsnehmer auch nach dem Schadensfall bestimmte Pflichten (sog. Obliegenheiten) gegenüber seinem Kaskoversicherer zu erfüllen. Unter anderem gehört dazu, dass er wahrheitsgemäße Angaben über den Kilometerstand des Fahrzeuges macht. In vorliegendem Fall hatte der Versicherungsnehmer einen deutlich zu niedrigen Kilometerstand angegeben.

Begeht der Versicherungsnehmer eine solche Obliegenheitsverletzung, wird der Versicherer von seiner Leistung frei oder kann die Leistung kürzen, er muss also nicht oder eben weniger zahlen.

Dem kann der Versicherungsnehmer nur entgehen, indem er nachweist, dass seine Falschangabe -einfach ausgedrückt – nicht für die Regulierung ursächlich war (sog. Kausalitätsgegenbeweis). Die entsprechende Regelung finden Sie bei Interesse hier: § 28 III S.1 VVG. Bislang wird nach der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes diskutiert, ob der Kausalitätsgegenbeweis auch bei einer vorsätzlichen Handlung möglich sein soll. Dies hat das KG Berlin nun als erstes Obergericht bejaht.

Der Versicherungsnehmer konnte in dem vom KG entschiedenen Fall den Beweis führen, dass seine Falschangabe nicht ursächlich für die Regulierung war, da der Versicherer eine Schlüsselauslesung vorgenommen hatte und daher bereits im Zeitpunkt seiner Regulierung Kenntnis vom tatsächlichen Kilometerstand hatte. Dem Versicherer war es auch nicht gelungen, dem VersicherungsnehmerArglist nachzuweisen.

Fazit:

Das KG Berlin hat der vielfach vertretenen Ansicht und früher herrschenden Meinung, es reiche aus, wenn die Falschangabe geeignet sei, die ordnungsgemäße Regulierung zu gefährden, eine klare Absage erteilt. Bezüglich der konkreten Obliegenheitsverletzung (Falschangabe des Kilometerstandes) ist das sicher eine sehr gut vertretbare Entscheidung. Ob man diese Rechtsprechung auch auf die „typischen“ Obliegenheitsverletzungen (Alkoholfahrt und Unfallflucht) ausweiten kann, halte ich allerdings für eher fraglich.

Der Fall zeigt jedoch deutlich, dass es sich nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Unsicherheiten, die die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes mit sich gebracht hat, für den Versicherungsnehmer empfiehlt, bei Leistungsverweigerung oder -kürzung durch den Kaskoversicherer unverzüglich anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

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