Am Mittwoch, den 10.11.2010, fand das jährliche ADAC Forum des ADAC Saarland zu dem Thema „Verkehrsverstöße und ihre Folgen – neue Regelungen für Deutschland und Europa“ im Kultur- und Kongresszentrum in Eppelborn, Saar statt. Die Veranstaltung war erwartungsgemäß sehr gut besucht. Neben den Themengebieten „Punkte in Flensburg“ und „Geschwindigkeits-, Abstands- und Rotlichtmessungen“ wurde vor allem das hochaktuelle Thema der nunmehr inkraftgetretenen Vollstreckung von europäischen Geldsanktionen (Geldsanktionengesetz) behandelt.
Referent zu diesem Thema, Titel: „Autofahrer – Bitte zur Kasse!“, war der ehemalige Generalbundesanwalt und Präsident des Deuschen Verkehrsrechtstages Kay Nehm. Vor allem wegen dieses Beitrages habe ich mich dann dazu aufgerafft, die Veranstaltung zu besuchen. Die Referenten trugen erwartungsgemäß souverän und anschaulich vor, allerdings geriet ausgerechnet das mit Spannung erwartete Referat zu den EU – Knöllchen in meinen Augen leider etwas zu kurz. Herr Nehm gab einen Überblick über die Vorverhandlungen bis hin zum Inkrafttreten des Geldsanktionengesetzes am 27.10.2010 und erläuterte die grundsätzlichen Voraussetzungen der Vollstreckungshilfe durch die Bundesrepublik Deutschland.
Eine Übersicht zum Ablauf des Vollstreckungshilfeverfahrens finden Sie hier:
Wie funktioniert die Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide in Deutschland?
Anschließend wurden hochaktuelle, in naher Zukunft klärungsbedürftige Fragen angesprochen, insbesondere die Frage der Anerkennung der ausländischen Halterhaftung im Rahmen der Vollstreckung durch die Bundesrepublik Deutschland. Hier sah der Referent auch einen wesentlichen Angriffspunkt für die Verteidigung. Völlig zutreffend, stellte er klar, dass es zunächst erforderlich sei, sich im ausländischen Mitgliedsstaat zu verteidigen.
Eine interessante Frage warf auch der Kollege Gebhardt, der über das Thema Punktekatalog referierte, im Rahmen der sich an die Vorträge anschließenden Diskussionsrunde auf: „Muss ich zur Wahrnehmung meiner Rechte als Betroffener persönlich bei einer Gerichtsverhandlung im EU – Ausland erscheinen? Welche Folgen hat es, wenn ich nicht erscheine?“ Diese und weitere juristisch hoch interessanten Fragen wird es in naher Zukunft zu klären gelten.
Die praktische Relevanz des Geldsanktionengesetzes sahen wohl alle Referenten insoweit als eingeschränkt an, als die beigetriebenen Sanktionen beim Vollstreckungsstaat verbleiben. Mithin hat der ersuchende Staat, in dem der Verstoß begangen wurde, jede Menge Aufwand zu betreiben und bleibt letztlich auf seinen Kosten sitzen. Dass das der Beitreibungsmoral des Begehungsstaates eher abträglich sein dürfte, wird den deutschen Autofahrer freuen (vgl. hierzu auch meinen Blog – Beitrag vom 19.07.2010 „Europaweite Vollstreckung von Bußgeldern„). Mit einer „Schwemme“ ausländischer Vollstreckungsersuchen ist also wohl kaum zu rechnen.
Als Fazit bleibt festzuhalten und immer wieder zu betonen, dass es, auch wenn im Vollstreckungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland Verteidigungsmöglichkeiten gegeben sind, in der Regel nicht ausreichen wird, im Verfahren des Mitgliedsstaates zu schweigen. Wer also einen Anhörungsbogen bzw. eine Aufforderung zur Stellungnahme eines Mitgliedsstaates erhält, sollte diese nicht einfach „in die Ecke legen“, sondern sich tunlichst qualifizierten Rechtsbeistand suchen.
Denn, und auch das wurde im Rahmen des Forums angesprochen: Deutschland liegt mit seinem Bußgeldkatalog an der unteren Grenze im Vergleich zu den anderen Mitgliedsstaaten. Ein EU- Knöllchen kann also richtig teuer werden, wenn man nicht rechtzeitig „die Bremse zieht“.
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