Das Landgericht Ansbach hatte im Kern über weitere Reparaturkosten von 838,98 € in 1. Instanz zu entscheiden, weil der Haftpflichtversicherer des Schädigers im Wege der Widerklage die bereits gezahlten knapp 20.000 € zurückforderte. Der Geschädigten befand sich zum Unfallzeitpunkt im 3. Lehrjahr zum Kfz-Mechatroniker. Er beauftragte die Werkstatt seines Arbeitgebers mit der Reparatur des verunfallten Fahrzeuges gemäß den Vorgaben des zuvor eingeholten Gutachtens. An den Reparaturarbeiten war er selbst in Teilen beteiligt.
Der Klage wird stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das OLG weist darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und vertieft die rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts.
Die Entscheidung des Landgerichts
Ein geschädigter Auszubildender, der lediglich in Teilen an der Reparatur seines Fahrzeuges beteiligt war, kann nicht mit der Werkstatt gleichgesetzt werden. Die Tätigkeit und das Wissen der anderen Werkstattmitarbeiter können ihm nicht zugerechnet werden. Die Reparaturkosten sind vollständig Zug-um-Zug gegen Abtretung eventueller Schadensersatzansprüche zu erstatten.
Das Landgericht referiert zunächst die seitens des Bundesgerichtshofes schon vor Jahrzehnten aufgestellten und in den Entscheidungen vom 16.01.2024 feinjustierten Grundsätze:
Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft, sind dadurch anfallende Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger grundsätzlich auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen und damit objektiv nicht erforderlich gewesen sind. Das Werkstattrisiko verbleibt in diesem Fall beim Schädiger. Dies gilt jedenfalls für alle Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Ersatzfähig sind danach nicht nur solche Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise unangemessen, sondern darüber hinaus auch Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen (st. Rspr.,vgl. nur BGH r+s 2024, 683).
Den Geschädigten trifft allerdings eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der von der Werkstatt bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise. Verlangt die Werkstatt bei Vertragsschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieser Werkstatt als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen (Auswahlverschulden). Ein Überwachungsverschulden kommt beispielsweise in Betracht, wenn die Rechnung – für den Geschädigten erkennbar – von einer Preisvereinbarung abweicht oder wenn die Werkstatt für den Geschädigten erkennbar deutlich überhöhte Positionen ansetzt (st. Rspr., vgl. nur BGH r+s 2024, 683).
Diese Grundsätze wendet das Landgericht konsequent auf den vorliegenden Sachverhalt an. …
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Michael Schmidl, anwaltschmidl.deDer Autor ist Rechtsanwalt und Gründer der Kanzlei für Versicherungs- und Verkehrsrecht Schmidl. Er ist seit 2005 Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.Leserreaktionen an kontakt@anwaltschmidl.de
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