Das Problem:
Unser Mandant erwarb von einer Privatperson einen PKW, bei dem schon nach wenigen km erhebliche Motorprobleme auftraten.
Der Verkäufer verweigerte die Rückabwicklung mit der Begründung, die Gewährleistungsansprüche seien im Vertrag ausgeschlossen worden, im Übrigen habe er den Mangel nicht gekannt und deswegen seien Ansprüche nicht gegeben.
Der Verfahrensverlauf:
Wir hatten das bereits anhängige Klageverfahren übernommen.
Da bereits Klage eingereicht war, musste das Verfahren vor dem LG Bonn durchgeführt werden, obwohl für den saarländischen Käufer auch die Zuständigkeit des LG Saarbrücken möglich gewesen wäre.
Das Urteil:
Nachdem das Landgericht Bonn mehrfach dringend zu einem letztlich sehr ungünstigen Vergleich zu Lasten des Klägers geraten hatte – Behalten des KFZ und Zahlung eines geringen Betrages -, wurde nach Beweisaufnahme und Gutachten der Klage auf Rückabwicklung stattgegeben.
Dieser Ergebnis zeigt, dass es in manchen Fällen durchaus sinnvoll ist, dem gerichtlichem Drängen auf einen Vergleich nicht nachzugeben.
Im Einzelnen führt das Gericht wie folgt aus:
„Wegen dieses bestehenden Mangels kann im Weiteren dahinstehen, ob das Fahrzeug außerdem bei erhöhter Drehzahl einen zu niedrigen Öldruck und eine unfachmännisch verbaute Ölwanne aufwies. Der Beklagte kann sich wegen des durchgreifenden Arglisteinwandes gemäß § 444 BGB auch nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Bei der Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urt. v. 03.03.1995 — V ZR 43/94, NJW 1995, 1549,1550). Nicht erforderlich ist, dass der Verkäufer mit Schädigungsabsicht oder bewusst zu seinem eigenen Vorteil gehandelt hat; auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens und Inkaufnehmens“ reduziert sind, werden vom Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst. Ein moralisches Unwerturteil muss damit nicht verbunden sein (vgl. BGH, Urt. v. 07.07.1989 — V ZR 8 21/88, NJW 1990, 42; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Auflage, Rn. 1857). Vorliegend ist das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte den deutlich erhöhten Ölverbrauch kannte. Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte aufgrund der festgestellten Kolbendefekte entgegen seiner Bekundung jedenfalls am Ende seiner Besitzzeit weitaus häufiger Öl nachfüllen musste, als er dies – zudem mit unterschiedlichen Angaben – im Rahmen seiner persönlichen Anhörung bekundet hat, dies aber im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nicht kenntlich gemacht hat, sondern vielmehr versucht hat, den Ölverbrauch „kleinzureden“ bzw. sich auf Erinnerungslücken zu berufen. Gerade vor diesem Hintergrund geht das Gericht im Weiteren auch davon aus, dass der Beklagte vor Abschluss des Kaufvertrages es mindestens für möglich hielt, dass der erhöhte Ölverbrauch auf einem technischen Mangel beruhte, und er gleichzeitig jedenfalls damit rechnete und billigend in Kauf nahm, dass der Kläger den Fehler nicht kannte und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Hiervon mag nicht auszugehen sein, wenn einem Laien ein erhöhter Ölverbrauch überhaupt nicht auffällt, weil etwa das Fahrzeug von Anfang an einen solchen Ölverbrauch hatte und er auch sonst keine Fahrzeuge gefahren war, die einen niedrigen Ölverbrauch aufwiesen. Ein solcher Fall ist vorliegend aber nicht anzunehmen, vielmehr ist das Gericht auf Grundlage der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen davon überzeugt, dass sich der Ölverbrauch des Fahrzeugs seit dem Kauf im Jahr 2016 bis hin zum Verkauf im Jahr 2020 stetig erhöht hat. Von einem arglistigen Verhalten mag auch dann nicht auszugehen sein, wenn einem Laien durch den schleichenden Prozess der sich langsam sich erhöhende Ölverbrauch schlicht aus Unaufmerksamkeit nicht auffällt. Aber auch hiervon ist vorliegend nicht auszugehen, vielmehr hat der Beklagte ja gerade bekundet, dass – was nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht zutreffend sein kann – es keine Veränderungen des Ölverbrauchs gegeben habe, vielmehr der Kläger den Ölverbrauch in den Jahren seiner Nutzung als gleichbleibend dargestellt hat. Gerade unter Berücksichtigung dieser unplausiblen Bekundungen ist das Gericht vorliegend davon überzeugt, dass der Beklagte vor Abschluss des Kaufvertrages es mindestens für möglich hielt, dass der erhöhte Ölverbrauch auf einem technischen Mangel beruhte. Gerade wenn er die Ursache hierfür nicht kannte, liegt im Weiteren auf der Hand, dass er jedenfalls damit rechnete und billigend in Kauf nahm, dass der Kläger den Fehler nicht kannte und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. An dieser Bewertung ändert nichts der Umstand, dass er mit dem Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages eine Probefahrt durchführte. Denn gerade wenn – wie von ihm geschildert – vorher nie eine Rauchwolke erkennbar gewesen ist, was zudem auch durchaus sein kann, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen zum einen eine Rauchwolke für den Fahrer nicht ohne weiteres sichtbar ist, zum anderen diese gerade dann auftritt, wenn das Auto mit ganz hoher Leistung bewegt werde, was der Beklagte nach seinem eigenen Bekunden nicht getan hat, musste er nicht damit rechnen, dass eine solche Rauchwolke bei einer Probefahrt entstehen würde. Aufgrund der angenommenen Arglist kann im Weiteren dahinstehen, ob der Kläger dem Beklagten eine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat bzw. der Beklagte eine Nachbesserung endgültig abgelehnt hat, da im Fall der Arglist es für den wirksamen Rücktritt keiner Nachfrist bedarf, § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Aktenzeichen werden wir zu einem späteren Zeit veröffentlichen.
Über den Autor:
Rechtsanwalt Klaus Spiegelhalter ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Saarlouis. Rechtsanwalt Spiegelhalter hilft in allen Fragen des Verkehrsrechts insbesondere bei der unbürokratischen Unfallabwicklung (auch per Web-Akte), Bußgeld, Führerscheinproblemen, Punkten in Flensburg usw.
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