Alle 13 Sekunden passiert ein Verkehrsunfall in Deutschland. Bei den meisten Unfällen ist die Schuldfrage klar. Die Polizei wird gerufen und die Unfallbeteiligten tauschen ihre Daten aus. Soweit so gut.
Die Polizei -dein Freund und Helfer- händigt den Unfallbeteiligten einen sog. Unfallzettel aus. Auf diesem Unfallzettel steht eine Telefonnummer, bei der man die (Versicherungs-) Daten erfragen kann. Die meisten Unfallgeschädigten greifen zum Hörer.
Dann schnappt die Falle zu!
Was wohl noch immer viele Verkehrsteilnehmer nicht wissen ist, dass man mit seinem Anruf bei dem Zentralruf der Autoversicherer bzw. bei der gegnerischen Versicherung bei seinem
(rechtlichen) Gegner anruft.
Was Juristen in einem jahrelangen und mühseligem Studium an wissen erwerben, meinen viele Verkehrsteilnehmer aus den Ärmeln schütteln zu können. Und die Versicherungen freuen sich. Mittlerweile ist es wohl die Regel, dass der Unfallgeschädigte nicht das erhält, was ihm rechtlich zusteht. Die Tricks und die Fantasien der Haftpflichtversicherungen sind grenzenlos. Dabei bewegen sich die Versicherungen oft an der Grenze zum Strafbaren.
Es gibt sogar Beschlüsse bzw. Urteile, in denen Richter -offiziell- den Sachbearbeitern der Haftpflichtversicherungen Betrug vorwerfen. Was viele Verkehrsteilnehmer nicht wissen ist, dass einige Sachbearbeiter Provisionen erhalten, wenn es ihnen gelingt, berechtigte Ansprüche zu kürzen. Man kämpft nicht nur gegen die Versicherung, sondern auch gegen die (finanziellen Interessen des) einzelnen Sachbearbeiter(s).
In diesem Kampf, David gegen Goliath, werden professionelle Textbausteine benutzt, auf Urteile Bezug genommen und teilweise in ihr Gegenteil verkehrt. Das Unfallopfer greift ahnungslos zum Hörer und weiß nicht, dass man sich dadurch ins eigene Fleisch schneidet.
Im Rahmen einer Salamitaktik werden Rechnungen gekürzt, Gutachten in Frage gestellt und sogenannte Referenzwerkstätten benannt. Die Haftpflichtversicherungen beauftragen oft auch hauseigene Gutachter um ergebnisorientierte Gutachten im Sinne der Versicherung zu erstellen. Am Ende wird das Unfallopfer erneut zum Opfer.
Mein Tipp: Wenn Sie unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden, sollten Sie einen Fachanwalt für Verkehrsrecht beauftragen. Grundsätzlich muss die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers die Kosten eines beauftragten Anwalts und eines freien Kfz-Sachverständigen bezahlen.
Alle anderen verlieren viel Geld.
Umut Schleyer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Dozent für Unfallregulierung.