Das Amtsgericht Lüdinghausen hat festgestellt, dass dem anwaltliche Verteidiger eines Verkehrsteilnehmers im Bußgeldverfahren ein Akteneinsichtsrecht in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgeräts zusteht (Beschluss vom 09.02.2012, Az.: 19 OWi 19/12). Dem Rechtsstreit liegt ein Bußgeldverfahren wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zugrunde, wobei die dem Verkehrsteilnehmer vorgeworfene gefahrene Geschwindigkeit mit dem Einseitensensor „eso ES3.0“ der Firma eso GmbH gemessen wurde, der von einem Polizeibeamten bedient wurde. Die Kreispolizeibehörde hatte die begehrte vollumfängliche Akteneinsicht zunächst abgelehnt im Hinblick auf ein Urheberrecht des Messgeräteherstellers und darauf verwiesen, die Bedienungsanleitung bei dem Hersteller für € 129,- zzgl. USt. erwerben zu können. Der Verteidiger trug vor, ohne die Gewährung von Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung deren Einhaltung bei der Messung und das Vorliegen eines standardisierten Messverfahrens nicht nachvollziehen zu können. Das Amtsgericht hat den Antrag des Verteidigers auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG für zulässig und in der Sache auch für begründet erachtet. Denn der Verteidiger habe im Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ein Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Gericht oder einem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden (§§ 46 OWiG, 147 StPO). Dies folge aus dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit und diene der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen. Etwaig bestehende urheberrechtliche Bedenken gegen eine Fertigung einer Kopie der Bedienungsanleitung müssten im Ordnungswidrigkeitenverfahren zurückstehen. Die Entscheidung verdient uneingeschränkte Zustimmung. Der Grundsatz auf vollständige Akteneinsicht ist elementar für ein faires Verfahren. Es ist Verfahrensbeteiligten auch grundsätzlich nicht zuzumuten, lange Fahrtzeiten aufzuwenden, um am Ort einer Polizeidienststelle Einsicht in eine Bedienungsanleitung zu nehmen.