Problemzonen der privaten Unfallversicherung – Teil III: Welcher Zeitpunkt ist maßgeblich für die Invaliditätsbemessung?

Ein Unfall bedeutet nicht nur Ärger mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer und ggf. den Strafverfolgungsbehörden; der Unfall ist auch der Versicherungsfall in der privaten Unfallversicherung. Aber wann kommt welche Leistung in Betracht und was ist bei der Geltendmachung zu beachten?

Bei der Geltendmachung der Hauptleistungsart in der privaten Unfallversicherung, der Invaliditätsleistung, ist die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Bemessung des Grades der Invalidität von erheblicher, jedoch verkannter Bedeutung. Die Invalidität ist keineswegs eine statische Größe. Unfallfolgen können sich verschlimmern oder verbessern und damit auch die Funktionsbeeinträchtigungen. Die Konsequenz: Der Invaliditätsgrad schwankt und mit ihm die Invaliditätsleistung. Das ist durchaus erheblich. Kommt zum Beispiel eine Funktionsbeeinträchtigung eines Beines (gem. Gliedertaxe regelmäßig mit 70 % bewertet) zunächst von 1/7 und dann von 2/7 bei einer vereinbarten Invaliditätssumme von 100,000 EUR in Betracht, so wären einmal 7.000 EUR und dann insgesamt 14.000 EUR durch den Versicherer auszuschütten! Wann ist also der richtige Bemessungszeitpunkt?

Zunächst kommt es in der Regel – je nach den vereinbarten Vertragsbedingungen – auf die unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigung ein Jahr nach dem Unfall an. Nachdem jedoch bereits die Geltendmachung und die ärztliche Bestätigung der Invalidität in der Regel erst 15 Monate nach dem Unfall zu erfolgen haben, wird bereits das Gutachten durch den Versicherer regelmäßig erst später in Auftrag gegeben, so dass in der Regel der dem Gutachten zugrunde gelegte Zeitpunkt der Untersuchung maßgeblich sein wird.

Spätere Veränderungen sind grundsätzlich nur im Rahmen einer Neubemessung zu berücksichtigen. In der Praxis kommt es regelmäßig nur zu einer Neubemessung zum Ablauf des dritten Jahres nach dem Unfall. Dies jedoch nur dann, wenn die insoweit vertraglich vereinbarten Voraussetzungen erfüllt sind. In der Regel muss der Versicherer (VR) sein Nachbemessungsrecht zusammen mit seiner Entscheidung über den Antrag des Versicherungsnehmers (VN) ausüben und dieser hat sodann einen Monat ab Zugang de Entscheidung Zeit, seinerseits Nachbemessung zu verlangen.

In der Praxis machen viele Beweisbeschlüsse keine Vorgaben zum maßgeblichen Zeitpunkt, so dass der gerichtlich bestellte Sachverständige oftmals auf den Zeitpunkt seiner Untersuchung abstellt, ohne dies zu hinterfragen. Hier ist der Anwalt gefordert!

 

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Michael Schmidl, anwaltschmidl.de

Der Autor ist Rechtsanwalt und Gründer der Fachanwaltskanzlei für Versicherungs- und Verkehrsrecht Schmidl. Er ist seit 2005 Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.

Sie erreichen den Autor unter: kontakt@anwaltschmidl.de

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