Gutachten im juristischen Alltag, Teil 3

Häufig werden durch Sachverständigengutachten provozierte Unfälle und unfallfremde Schäden entlarvt. Für die Opfer solcher Betrüger ist es nicht so einfach, unbeschadet aus den ganzen Verfahren zu kommen. Die Betrüger versuchen, mit ihren provozierten Unfällen eine Situation zu schaffen, die von Außen so aussieht, als ob der andere Verkehrsteilnehmer den Unfall verursacht hätte. Jeder hat schon einmal die Geschichte gehört, dass an einer Ampel der Vordermann plötzlich rückwärts in das hintere Fahrzeug gefahren ist. In Berlin hatte ich mit folgender Masche zu tun.

Der Mandant fuhr mit seinem Golf die Schildhornstraße in Richtung Schloßstraße (Steglitz). An der Ampel unterhalb des Bierpinsels musste er warten. Er wollte links in die Schloßstraße einbiegen. Bei grün fuhr er los. Als er seine Fahrspur in der Schloßstraße erreicht hatte, schoss plötzlich ein Porsche auf ihn zu. Dieser fuhr rückwärts und traf mit dem Heck die Front vom Golf meines Mandanten. Gegenüber der Polizei behauptete der Fahrer des Porsches, er sei die Schloßstraße entlang gefahren und er wollte nach der Unterführung links in die Schildhornstraße einbiegen. Plötzlich sein der Golf um die Kurve geschossen und wäre auf sein langsam fahrenden Porsche aufgefahren.

Die Polizei entschied sich, die Version des Porschefahrers für glaubwürdiger zu halten, und ermittelte nur gegen meinen Mandanten. Weil sich im Golf meines Mandanten zwei Insassen verletzt hatten, musste er sich einem Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung stellen. Die gegnerische Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung lehnte jede Schadensregulierung ab, da für sie mein Mandant der Unfallverursacher war. Umgekehrt machte der Porschefahrer unverzüglich seine Ansprüche geltend und verklagte die Versicherung meines Mandanten. Ich wurde von der Versicherung beauftragt, die Ansprüche abzuwehren.

Ich hatte Zweifel an der „offiziellen“ Version des Unfalles, weil die Unfallspuren nicht so waren, wie ich sie erwartet hätte, wenn der Porschefahrer die Wahrheit gesagt hätte. Auch in diesem Fall konnte ein Sachverständigengutachten aufklären, welche Unfallschilderung stimmte. Das Ermittlungsverfahren gegen meinen Mandanten wurde eingestellt, er bekam seinen Schadensersatz, der Porschefahrer verlor seine zivilrechtliche Klage und bekam ein Strafverfahren wegen Betruges.

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