Kein Anspruch gegen Kaskoversicherer / fehlender Nachweis eines bedingungsgemäß versicherten Verkehrsunfalles – Rechtsanwalt Ulf Grabow Cuxhaven

Kein Anspruch gegen Kaskoversicherer / fehlender Nachweis eines bedingungsgemäß versicherten Verkehrsunfalles – Rechtsanwalt Ulf Grabow aus Cuxhaven

Urteil des Landgerichts Bremen vom 07.07.2011, 6 O 2053/10.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Leistung aus der Kaskoversicherung auf Grund eines Verkehrsunfalles, wenn dieser nicht beweisen kann, dass es sich dabei um einen bedingungsgemäß versicherten Verkehrsunfall gehandelt hat.

Der Kläger trug vor, es habe sich am 14.10.2010 im Landkreis Cuxhaven ein Unfall ereignet, als er auf die Autobahnzufahrt der BAB 27 an der Anschlussstelle Neuenwalde habe fahren wollen. Beim Auffahren hätte der Wagen gerüttelt, als er vom dritten in den zweiten Gang geschaltet hatte und sei ausgegangen. Das Fahrzeug sei ins Rutschen gekommen, so dass der Kläger die Kontrolle darüber verloren habe und schließlich mit der rechten Fahrzeugseite an mehreren Leitplankenelementen entlanggerutscht sei. Der Wagen sei möglicherweise wegen Zündaussetzern ausgegangen.

Der Beklagte bestritt, dass sich überhaupt ein Unfall ereignet habe, wie er vom Kläger geschildert wurde.

Den Kläger trifft vorliegend die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein bedingungsgemäßer Versicherungsschaden vorliegt, dass der Schaden an dem kaskoversicherten Fahrzeug also in Folge eines Verkehrsunfalls entstanden ist. Beweiserleichterungen kommen dem Kläger nicht zu Gute. Bei der Beweisführung muss sich der Kläger zunächst an dem vorgetragenen Unfallhergang ebenso festhalten lassen, wie an seinem Vorbringen, auf das er sich zuletzt ausdrücklich festgelegt hat, wonach für das angebliche Unfallgeschehen selbst keine unmittelbaren Zeugen vorhanden waren, weil er allein im Fahrzeug gewesen sein will. Diese Beweisnot kann vorliegend nicht durch die klägerseits beantragte Parteivernehmung gem. § 448 ZPO überwunden werden. Nach Auffassung des Landgerichts Bremen fehle es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit, dass es sich vorliegend um einen bedingungsgemäß versicherten Unfall gehandelt hat. Vielmehr sei nach Auffassung des Gerichts offen, wie und warum es zu der Kollision des versicherten Fahrzeugs mit der Leitplanke gekommen ist.

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Gerade vor dem Hintergrund, dass der Kläger in kürzerer Zeit zuvor bereits zwei vom Ablauf her ähnliche Schadensereignisse über die Kaskoversicherung reguliert hatte, erscheint es nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht unwahrscheinlich, sondern ebenso möglich, dass er den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, dass es sich also nicht um einen versicherten Unfallschaden handelt. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellen würde, dass er den Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt hätte, bliebe offen, wie es genau zu dem Unfallschaden gekommen ist. Nachdem die Beklagte den vom Kläger vorgetragenen Unfallhergang sowie vorgebrachte Ursache (ausgehendes Fahrzeug wegen möglichen Zündaussetzern) in zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten hat, fehlt es auch an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit dafür, dass Unfallhergang und Unfallursache sich so zugetragen haben wie vom Kläger konkret vorgetragen. Allein eine Vernehmung des unfallaufnehmenden Polizeibeamten als Zeugen ist es nicht geeignet, den gebotenen Vollbeweis zu führen, denn dieser könne keine Angaben zum Unfallhergang selbst, sondern lediglich zum Schadensbild und zur Situation vor Ort nach dem Unfall machen.

Der beklagte Kaskoversicherer sei deshalb nicht zur Leistung verpflichtet. Es sei daher auch nicht mehr entscheidungserheblich, ob die Beklagte wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungspflichten leistungsfrei ist.

Eine Leistungsfreiheit wegen vorsätzlich falscher bzw. widersprüchlicher Angaben zum Vorhandensein von Zeugen für das Schadensereignis liegt aber vor. Der Kläger hat seine Aufklärungspflichten gegenüber der Beklagten vorsätzlich dadurch verletzt, dass er keine wahrheitsgemäßen, zumindest aber widersprüchliche Angaben zum Vorhandensein von Unfallzeugen gemacht hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er gegenüber dem Mitarbeiter des Kaskoversicherers auf die Frage nach einem Zeugen bzw. Beifahrer tatsächlich geäußert hat: „Den möchte ich nicht nennen!“. Bei dem Gesprächsprotokoll handelt es sich um eine Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO. Weil das Gesprächsprotokoll von beiden Ausstellern, also vom Mitarbeiter des Kaskoversicherers, vor allem aber vom Kläger selbst unterzeichnet worden ist, wird widerleglich vermutet, dass die abgegebenen Erklärungen, also der Inhalt der Urkunde, tatsächlich richtig ist. Diese Vermutung hat der Kläger in nicht geeigneter Weise widerlegt.

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Nachdem der Kläger danach in der Schadensmeldung (Angabe: keine Zeugen) und in dem Gesprächsprotokoll (Angabe: Zeugen vorhanden, die er aber nicht nennen möchte) gegenüber der Beklagten widersprüchliche Angaben gemacht hat und zudem bewusst Zeugen hat vorenthalten wollen, hat er vorsätzlich seine Aufklärungsobliegenheiten verletzt.

Eine Ursächlichkeit bzw. Relevanz der Obliegensheitsverletzung für die Regulierungsprüfung durch die Beklagte muss dabei unterstellt werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Karch, Grabow, Röhler und Partner
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