Fahrverbot als Hauptstrafe bei Diebstahl oder Körperverletzung

Wenn Sie glauben, die Überschrift sei ein schlechter Scherz, dann haben Sie sich getäuscht.  Kann ein Fahrverbot in Zukunft auch als Hauptstrafe bei Diebstahls- oder Körperverletzungsdelikten verhängt werden? Die „Bild am Sonntag“ verlautet, dass ein entsprechender Beschlussvorschlag auf der Tagesordnung der Justizministerkonferenz steht, die morgen in Hamburg beginnt.
„Es gibt Taten und Täter, für die eine Haftstrafe zu viel und eine Geldstrafe zu wenig ist“, zitierte die „Bild am Sonntag“ Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU). Und weiter „Ein befristetes Fahrverbot ist deutlich spürbar, weil es die in unserer Gesellschaft so wichtige Bewegungsfreiheit einschränkt und dadurch auch eine Art Freiheitsentzug darstellt“.

Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis

Bis jetzt sieht das strafrechtliche Sanktionssystem das Fahrverbot nur als Nebenstrafe vor (vgl. §44 Abs.1 StGB).

„Wird jemand wegen einer Straftat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen.“

Nebenstrafe heißt dabei nichts anderes als, dass das Fahrverbot nicht isoliert gegen den Täter verhängt werden kann, sondern nur in Kombination mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe (Hauptstrafe).
Vorsicht nicht zu verwechseln! Das Fahrverbot, um das es sich bei dem Beschlussvorschlag der Justizministerkonferenz handelt, ist von der Entziehung der Fahrerlaubnis gem. §69 StGB zu unterscheiden. Während bei der Verhängung eines Fahrverbots gem. §44 StGB der Betroffene für 1-3 Monate den Führerschein abgeben muss und ihn nach Ablauf der Verbotsfrist wieder erhält, muss der Verurteilte nach §69 StGB die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis beantragen.

Sanktionsgedanke und Voraussetzungen des §44 StGB

Sanktionsgedanke der Nebenstrafe §44 StGB: „Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme“ neben Geld- oder Freiheitsstrafe.

Im Fall des §44 StGB ist Voraussetzung, dass die Tat unter Verwendung eines Kfz begangen worden ist. Zu den Taten, die „beim Führen eines Kraftfahrzeugs“ begangen werden, gehören die typischen Verkehrsdelikte, insbesondere die §§ 315c und 316 StGB sowie die §§ 222 und 229 StGB, soweit sie die Folge von Verkehrsverstößen sind. Das Fahrzeug muss für die Vorbereitung, Durchführung, Ausnutzung oder Verdeckung der Tat instrumentalisiert worden sein.

Schlussfolgerung

Die Reformierung des Fahrverbots wurde erstmals 1992 im Rahmen des 59. Deutschen Juristentag angestoßen und ist bis jetzt mit verschiedener Intensität wieder aufgetaucht. Gesetzesentwürfe, die eine Erweiterung auf bis zu 6 Monate Fahrverbot bis zur Einführung einer Hauptstrafe bei „verkehrsfremden Delikten“ vorsahen, sind immer wieder gescheitert.
Während beim Fahrverbot gem. §44 StGB ein Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs Voraussetzung ist, besteht ein solcher Zusammenhang bei Diebstählen oder Körperverletzungen nicht. Eine solche Entkoppelung wird vom Bürger eher als Schikane empfunden. Somit wird das Ziel von Strafe, die Verhinderung weiterer Taten durch den Täter, abschreckende Wirkung potentieller Täter oder die Stärkung des Normvertrauens der Bürger sicher nicht erreicht. Darüber hinaus trifft das strafrechtliche Fahrverbot nur ausgewählte Straftäter mit Fahrerlaubnis und verstößt gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Die Vorhaben sind wohl vor dem Hintergrund knapper Haushaltskassen zu sehen. Kurze Freiheitsstrafen sollen durch andere geeignete Sanktionen ersetzt werden um die Gefängnisse zu entlasten.

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Über die Autorin:

Frau Dr. Mielchen ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht in Hamburg.

Ein ausführliches Portrait von Frau Dr. Mielchen finden Sie hier