Wenn ein Unfallhergang auf einer Bundesautobahn (BAB) ungeklärt bleibt, wird der Schaden aufgrund der Betriebsgefahr beider Fahrzeuge geteilt (Urteil des Landgerichts Coburg vom 23.09.2009, Az. 11 O 650/08). Das Landgericht sprach einer Klägerin Schadensersatz in Höhe von € 3.850,00 nach einem Unfall auf der BAB 73 zu, wobei sie einen weitergehenden Schaden in gleicher Höhe selbst tragen muss mangels Aufklärbarkeit des Unfallhergangs. Die Klägerin drang mit der Behauptung nicht durch, der Unfall sei auf ein verkehrswidriges Verhalten des Beklagten zurückzuführen, indem der Beklagte auf die linke Fahrspur gewechselt und ihr Fahrzeug übersehen habe. Der beklagte Unfallgegner beharrte auf seiner Erinnerung, bereits längere Zeit auf der linken Fahrspur gefahren zu sein, als er wegen des Verkehrs habe abbremsen müssen, woraufhin die Klägerin auf ihn aufgefahren sei. Das Landgericht gab der Klage nur zur Hälfte statt. Im Rahmen der Beweisaufnahme konnte trotz Sachverständigengutachtens und Zeugenbefragung nicht geklärt werden, ob es sich um einen typischen Auffahrunfall handelte oder ob dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Kfz vorangegangen war. Außerdem konnten weder Kläger- noch Beklagtenseite den sog. Anscheinsbeweis geltend machen. Diese Beweisregel kann nur angeführt werden, wenn der behauptete Vorgang bereits auf den ersten Blick nach einem üblichen Muster abzulaufen pflegt. In diesem Fall ist dieser Ablauf regelmäßig als bewiesen anzusehen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass Unfallbeteiligte auch nach vermeintlich typischen Unfallvorgängen auf Autobahnen wie einem Auffahrunfall oder einem Unfall nach einem Spurwechsel anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen sollten, um die Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge und die Haftungsverteilung richtig bewerten zu können.