Ergibt sich aus der Beschilderung keine andere Regelung, so gilt die Vorfahrtsregel „rechts vor links“. Dies gilt sowohl im Verhältnis von Radfahrern zu Autofahrern, als auch bei Straßenkreuzungen, die in Form eines Straßenrondells angelegt sind. Zu dieser Auffassung kommt das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in seiner Entscheidung vom 17. Januar 2017 (Aktenzeichen: 9 U 22/16).
Eine 78-jährige Radfahrerin wollte eine Straßenkreuzung überqueren, die in Form eines Rondells angelegt ist. Als sie in das Rondell einfuhr näherte sich von rechts ein Pkw. Im Kreuzungsbereich kam es dann zum Zusammenstoß. Die Radfahrerin zog sich einen schwerwiegenden Bruch des Schienbeinkopfes zu, der aufgrund eines komplikationsreichen Heilungsverlaufes mehrfach operativ versorgt werden musste. Vor Gericht hat sie den ihr entstandenen Schaden, unter anderen ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € geltend gemacht. Das Landgericht hatte der Klage noch überwiegend stattgegeben und der Radfahrerin lediglich ein 20 %-iges Mitverschulden angerechnet. Das OLG hat diese Entscheidung aufgehoben und seinem Urteil einen Mitverursachungsanteil der Radfahrerin von 60 % zugrunde gelegt.
Der Senat führt in seinem Urteil aus, dass beiden Verkehrsteilnehmern ein gravierendes Verschulden anzulasten sei. Das überwiegende Verschulden liege dabei bei der Radfahrerin. Als diese in den Kreuzungsbereich eingefahren sei, habe sie das Fahrzeug des Beklagten erkannt, der aufgrund der Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ bevorrechtigt war. Sie habe die Vorfahrt des PKW beachten und diesen vorbeifahren lassen müssen. Nur dann, wenn sichergestellt sei, dass sie die Kreuzung vor dem vorfahrtsberechtigten Pkw habe räumen können, habe sie überhaupt in die Kreuzung einfahren dürfen. Dass dies nicht der Fall gewesen ist, zeigt der Unfallverlauf. Ein Mitverschulden des vorfahrtberechtigten Fahrzeugführers lasse dessen Vorfahrtsrecht nicht entfallen.
Aber auch den Fahrer des PKW treffe ein gravierendes Verschulden am Unfall. Beim Einfahren in den Kreuzungsbereich habe er die Radfahrerin, die sich bereits dort befunden habe, offensichtlich übersehen. Damit hat er gegen seine allgemeine Rücksichtnahmepflicht verstoßen. Auch er hatte die Möglichkeit den Unfall zu vermeiden, wenn er nicht in das Rondell eingefahren wäre. Er könne sein eigenes Vorfahrtsrecht nicht ohne Rücksicht auf den anderen Verkehrsteilnehmer durchsetzen.
Bei Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge an der Entstehung des Unfalls ergibt sich nach Auffassung des Gerichts eine Haftungsquote von 60 % zulasten der Radfahrerin und von 40 % zulasten des PKW Fahrers.