MPU ab 1,1 Promille!?

In Baden – Württemberg wird nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden – Württemberg (VGH Baden Württemberg vom 15.01.2014 – 10 S 1748/13 – 1,20 Promille)
eine MPU bereits ab 1,1 Promille gefordert. Handelt es sich dabei um eine ganz normale MPU? Welche Konsequenzen hat das für die Information über und die Vorbereitung auf die MPU? Was bedeutet das für das Modell Mainz 77?

Die Logik der Entscheidung:

  • Wer wegen einer Alkoholfahrt verurteilt wird, belegt dadurch Alkoholmissbrauch, weil er nicht zwischen einem die Fahrtüchtigkeit ausschließendem Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt hat.
  • Dies entspricht der Definition des Alkoholmissbrauchs wie er sowohl in den Begutachtungs-Leitlinien als auch in der Ziffer 8.1. der Anlage 4 der Fahrerlaubnis zu finden ist: Das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum kann nicht hinreichend sicher getrennt werden.

Damit erfolgt nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aus § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d („die Fahrerlaubnis aus einem der unter Buchstabe a bis c genannten Gründe entzogen war“ ) ohne Ermessenspielraum für die Behörde –  die Notwendigkeit der Beibringung eines medizinisch – psychologischen Gutachtens. Und das ist der Fall, wenn eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Alkoholfahrt erfolgt ist, eine Sperre verhängt wurde und der Fahrer ungeeignet ist zum Führen von Kraftfahrzeugen (also nach dieser Logik auch für alle Fälle, die unter 1,1 Promille wegen einer Alkoholfahrt verurteilt werden).

Häufige Fragen:

Gilt das nur für Führerscheine, die ab jetzt entzogen werden?: Nein, bei jedem  Antrag auf Neuerteilung, der ab jetzt gestellt wird

Gibt es für die Behörde noch Ermessensspielraum? Nein

Gilt das auch für Radfahrer? Nein

Kann jetzt noch ein Mainz-Kurs besucht werden? Ja, die Behörde nach einer positiven MPU eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt

Muss jemand, der am Modell Mainz teilnehmen will eine ganz normale MPU absolvieren? Ja, vor Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung muss der Behörde eine positive MPU vorgelegt werden

Muss jetzt – wie bei 1,6%o – Abstinenz nachgewiesen werden? Nein, das hängt vom Einzelfall ab, wie übrigens auch bei 1,6 Promille. Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass ab 1,6 Promille immer und ausnahmslos ein Abstinenznachweis geführt werden muss.

Ist es sinnvoll, sich auf diese MPU vor dem Mainz – Kurs vorzubereiten? Ja! Unbedingt! Man sollte sich beraten lassen und mit einem in der Begutachtung auffälliger Fahrer erfahrenen Berater klären, ob Abstinenz oder kontrolliertes Trinken nötig ist, welche Nachweise erforderlich sind (Urinkontrollen oder Leberwerte), welche vorbereitenden Maßnahmen sinnvoll sind und wann eine MPU erfolgversprechend ist.

Wird das bereits in allen Bundesländern so umgesetzt? Nein!! Zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrags nur in Baden-Württemberg

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