Grundsätzlich muss derjenige, der Schadensersatzansprüche geltend macht, alle anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen. Er muss also den vollständigen Beweis für die Verletzungshandlung und die Rechtsgutverletzung führen. Darüber hinaus muss er auch die Kausalität zwischen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und dem eingetretenen Schaden beweisen.
Hiervon ist auch das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 16. Juni 2016 (233 C 16357/14) ausgegangen. Von einem großen Baum fielen Äste herab und beschädigten das in der Nähe stehende Fahrzeug der Klägerin. Das Herabfallen der Äste war darauf zurückzuführen, dass der Baum durch einen Sturm beschädigt worden war. Am Fahrzeug entstand ein Schaden in Höhe von rund 3.000,00 €. Diesen Betrag beanspruchte der Fahrzeughalter von der Eigentümerin des Grundstückes. Der Fahrzeughalter ist davon ausgegangen, dass eine Beschädigung des Pkw vermieden worden wäre, wenn die Bäume ordnungsgemäß zurückgeschnitten worden wären. Der Baum hätte nach dem Sturm zwei Tage zuvor schief gestanden. Es sei daher die Aufgabe des Grundstückseigentümers gewesen, zu überprüfen, ob von dem Baum eine Gefahr ausgehen könne. Das Amtsgericht München hat der Klägerin keinen Schadenersatz zugesprochen und die Klage abgewiesen.
Das Gericht war der Auffassung, dass die Klägerin nicht bewiesen habe, dass die Grundstückseigentümerin eine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe und dass der Schaden hierdurch entstanden ist. Eine Zeugin hatte ausgesagt, dass der Baum schon immer schief gestanden habe und dass die Wurzeln bereits die Platten des Gehwegs angehoben hätten. Nach Auffassung des Gerichts muss ein schiefstehender Baum nicht zwangsläufig umstürzen. Denkbar ist auch, dass dieser Umstand mit dem Wachstum des Baumes zusammenhängt. Ferner kommt es darauf an, wie stark die Neigung sei. Auch gesunde Bäume seien in der Lage mit ihren Wurzeln die Platten des Gehweges anzuheben. Die genaue Ursache – vermutet wurde ein Wurzelbruch – ließ sich nicht mehr aufklären, da der Baum zwischenzeitlich entfernt worden war.
Das Gericht hat die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht verneint, da zwischen dem Sturm und dem Schaden nicht ausreichend Zeit war, um geeignete Maßnahmen gegen das Herabfallen von Ästen zu ergreifen. Darüber hinaus hat es die haftungsbegründende Kausalität zwischen der Verletzungshandlung und dem eingetretenen Schaden verneint. Dabei hat es die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht angewandt. Der Anscheinsbeweis kommt dem Geschädigten dann zugute, wenn ein Sachverhalt feststeht, der nach den Regeln des Lebens und nach der Erfahrung typisch für einen bestimmten Geschehensablauf sein kann. Er setzt also voraus, dass ein Tatbestand feststeht, bei dem der behauptete ursächliche Zusammenhang oder das behauptete Verschulden typischerweise vorliegt. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises sind nicht anzuwenden, wenn die Möglichkeit von mehreren typischen Geschehensabläufen besteht, der Schädiger aber nur für einen von ihnen haften würde. Hiervon ist das Gericht im vorliegenden Fall offensichtlich ausgegangen, da der Wurzelbruch nicht zwangsläufig Folge des Sturms gewesen sein muss. Daher musste die Grundstückseigentümerin auch nicht mehr die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes beweisen.