Linksabbieger haben Vorfahrt

Ich Schreibe in einer Verkehrssache gerade an das Amtsgericht Mitte. Mein Mandant wird auf Schadensersatz verklagt. Verhandelt wird folgender Sachverhalt:

Die Tochter der Klägerin biegt mit dem Wagen links ab. Dabei kommt es zum Unfall mit dem Fahrzeug meines Mandanten, der aus der Gegenrichtung kommend rechts abbiegt. Man sollte denken, dass die Sache eindeutig und die Klage ohne Aussicht auf Erfolg ist. Hier nun das Zitat aus meinem Schriftsatz ans Gericht:

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Ich kann es mir nicht verkneifen, einen Absatz aus dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 06.12.2010 zu zitieren. Der Kollege ist laut Briefkopf sogar Fachanwalt für Verkehrsrecht:

„Anhand dieser Beschädigungen ist ersichtlich, dass das Beklagtenfahrzeug das klägerische Fahrzeug mittig auf der Beifahrerseite gerammt hat und hier in die Tür eingefahren ist. Wäre der Beklagte mit angemessener Geschwindigkeit und unter Berücksichtigung des weiteren Verkehrs und unter Beachtung der ihm obliegenden Sorgfalt gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern gefahren, wäre es nie und nimmer zum Unfall gekommen. Die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs hingegen durfte darauf vertrauen, dass der Beklagte nicht derart gefährlich abbiegen, sondern auf einen der weiteren freien Fahrstreifen abbiegen werde. Bei einem Rechtsabbiegemanöver ist es nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung ebenfalls nicht zulässig, sofort weitere Fahrstreifen zu überqueren und so einen Verkehrsunfall mit linksabbiegenden Fahrzeugen billigend in Kauf zu nehmen.“

Der Kollege formuliert ein Vorfahrtsrecht des Linksabbiegers. Der Rechtsabbieger hat gefälligst auf Linksabbieger zu achten und ihnen auszuweichen. Der Linksabbieger dagegen darf darauf vertrauen, dass der Rechtsabbieger auf einen anderen Fahrstreifen abbiegt. Wer so etwas schreibt, muss sich auch ein bisschen Polemik gefallen lassen.

Es ist schon lustig, was sich Anwälte für ihre Mandanten so einfallen lassen.

Nachtrag: Die Hauptverhandlung war am 30.06.2011. Der Richter hat den Prozessbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass er die Klage wegen Unschlüssigkeit abweisen werde. Rechtsanwalt und Klägerin haben kurz aufgezuckt und wollten den Richter davon überzeugen, doch wenigstens die geladenen Zeugen zu hören. Ohne Erfolg – die Klage wurde abgewiesen. Vielleicht darf sich damit ja auch noch das Landgericht beschäftigen.

Als kleine Strafe für mich: Der Kollege grinst mich häufig an, wenn ich diese Seiten aufrufe. Gleich oben rechts bei den drei Fachanwälten einer bestimmten Region  ist sein Bild zu sehen.

Weitere Informationen: Buch zum Thema Fahrerflucht

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