Fahrer und Beifahrer betrunken – Wer haftet?
Das Oberlandesgericht Naumburg Urteil vom 20.01.2011 (Az.: 1 U 72/10)
Das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) hat mit Urteil vom 20.01.2011 (Az.: 1 U 72/10) über einen Fall entschieden, bei dem sowohl Fahrer als auch Beifahrer erheblich alkoholisiert in ein Auto steigen, dann losfahren und sich danach ein schwerer Verkehrsunfall ereignet.
Mitverschulden des Beifahrers?
Rechtlich entzündet sich dann an der Frage Streit, ob Ansprüche des geschädigte Beifahrers bzw. nach dessen Unfalltod Ansprüche seiner Kinder gekürzt werden, weil dem Beifahrer ein Mitverschuldensvorwurf gemacht werden kann, weil er sich zu einem betrunkenen Fahrer ins Auto gesetzt hat.
Unterhalt zu zahlen?
Im Fall ging es dem Kläger um den Ersatz seines gesamten zukünftig entstehenden Unterhaltsschadens, der ihm aus dem Tod seines Vaters infolge des Verkehrsunfalls vom 31.12.2008 entstanden ist. Unstreitig waren sowohl der Vater des Klägers als auch der Beklagte beim Unfall stark alkoholisiert. Der Beklagten wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt, weil er 2 Promille hatte. Der genaue Ablauf des Besteigens des Autos und die Umstände des Beginns der Fahrt sind unaufklärbar. Daran scheitert nach Ansicht des OLG letztlich auch der Mitverschuldensvorwurf an den Vater des Klägers. Der Beklagte konnte die dafür nötigen Umstände nicht beweisen und muss dem Kläger daher Schadenersatz leisten. Zwar hat auch das OLG anerkannt, dass einem Beifahrer unter dem Gesichtspunkt der Alkoholisierung des Fahrers grundsätzlich ein Mitverschulden zuzurechnen ist, wenn der Fahrer wie hier einen Alkoholisierungsgrad im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit aufweist und dies für den Beifahrer erkennbar ist.
Mitverschulden nur bei Kenntnis
Mitverschulden setzt aber nach Ansicht des OLG weiter voraus, dass der Beifahrer in Kenntnis der Alkoholisierung noch die Gelegenheit hatte, das Fahrzeug zu verlassen. Genau dieser Punkt war aber Fall ist streitig und konnte nicht aufgeklärt werden. Nach dem OLG verbleibt jedenfalls die angesichts der Alkoholisierung des Vaters des Klägers nicht fernliegende Möglichkeit, dass dieser bei Antritt der Fahrt eingeschlafen war. Damit ist das Mitverschulden des Vaters nicht bewiesen, weshalb der Beklagte bezahlen muss. Der Fall zeigt, dass sich Täter selbst in scheinbar klaren Fällen über den Einwand des Mitverschuldens einer Schadensersatzpflicht entziehen wollen, was man mit Hilfe eines im Verkehrsrecht versierten Anwalts verhindern sollte.