Eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 2 StGB bei Vorliegen eines der dort aufgezählten Delikte, welche die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, ist die Regel.
Dieses sind:
• Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB
• Gefährdung des Straßenverkehrs, § 315c StGB
• Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (mit bedeutendem Schaden), § 142 StGB
• Vollrausch, § 323a StGB
In diesen Fällen ist der Tatrichter von einer Gesamtwürdigung der Tatumstände einschließlich der Persönlichkeit des Angeklagten entbunden. Eine Ausnahme vom Entzug der Fahrerlaubnis im Rahmen der Hauptverhandlung lässt sich abgesehen von den eher seltenen Fällen des Fahrens in notstandsähnlicher Situation in den Fällen erreichen, in welchen die Fahrerlaubnis bereits längere Zeit vorläufig entzogen war. Nach § 69 a. Abs. 6 StGB darf die vom Gericht ausgesprochene Sperrfrist eine Dauer von drei Monaten nicht unterschreiten. In den Fällen, in welchen bis zur Hauptverhandlung bereits eine Zeit vergangen ist, welche grundsätzlich die vom Gericht auszusprechende Entziehungszeit beträgt, würde sich dadurch automatisch die Dauer der Entziehung um drei Monate verlängern.
Auch dies ist ein Grund, warum auf die schnelle Durchführung der Hauptverhandlung gedrängt werden sollte. Dazu bietet sich das Absehen von der Durchführung des Beschwerdeverfahrens an. Anfragen beim zuständigen Richter ermöglichen häufig ebenfalls eine kurzfristige Terminierung.
Ist die beabsichtigte Sperrfrist im Zeitpunkt der Verhandlung bereits abgelaufen, so kann das Gericht trotz Vorliegens eines Regelfalls von der Entziehung der Fahrerlaubnis nebst Sperre absehen. Es wird allerdings in diesen Fällen als Nebenstrafe gemäß § 44 StGB ein Fahrverbot anordnen. Dieses Fahrverbot ist durch die vorläufige Entziehung abgegolten. Ihnen kann in diesen Fällen noch in der Hauptverhandlung der Führerschein zurückgegeben werden und es muss der Führerschein nicht bei der Verwaltungsbehörde neu beantragen werden.
Sofern das Gericht dazu zu bewegen ist, in der Verhandlung aufgrund des Zeitablaufs von einem Entzug der Fahrerlaubnis abzusehen, ist besonders darauf zu achten, dass im Urteil die Eignung des Betroffenen positiv festgestellt wird. Dies ist wichtig für das eventuell sich anschließende Verwaltungsverfahren. Die Verwaltungsbehörde prüft eigenverantwortlich nach Durchführung des Strafverfahrens die Frage der Eignung des Fahrzeugführers. Im Rahmen dieser Prüfung ist sie allerdings gemäß § 3 Abs. 4 S. 1 StVG an die Entscheidung des Strafgerichts gebunden, wenn der Richter die Wiedereignung des Täters im Urteil positiv festgestellt hat und ihm alle entscheidungserheblichen Tatsachen bekannt waren.
Trotz Vorliegens eines Regelfalls hat das Landgericht Cottbus vom Entzug der Fahrerlaubnis in einer sehr beschuldigtenfreundlichen Entscheidung abgesehen. Aufgrund der beruflichen Notwendigkeit hatte das Landgericht lediglich ein Fahrverbot ausgesprochen und dieses noch dahingehend abgemildert, dass es Fahrzeuge der Klasse C1 vom Fahrverbot ausgenommen hat.
Zu beachten ist, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis beim Fahren mit einem Fahrrad nicht möglich ist. Voraussetzung eines Fahrerlaubnisentzuges ist das Führen eines Kraftfahrzeuges (vgl. § 69 StGB). Ein Entzug der Fahrerlaubnis im Verwaltungsverfahren ist allerdings auch bei einem alkoholisierten Fahrradfahrer möglich.
Lässt sich eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht verhindern, so ist das Ziel der Verteidigung, die Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a StGB möglichst kurz zu halten.
Bei der Bemessung der Sperre hat der Richter eine Prognose über die voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit zu treffen.
Auch wenn die Sperre grundsätzlich nicht nach generalisierenden Regelungen anhand einer durch die jeweilige Staatsanwaltschaft angewendeten Tabellen bemessen werden darf, so existieren entsprechende -wenn auch nicht verbreitete- Tabellen in den meisten Gerichtsbezirken.
Damit das Gericht von diesen Werten abweicht, bedarf es des Vortrages besonderer Umstände. Nur so kann das Gericht zu einem Unterschreiten der grundsätzlich zu verhängenden Sperre bewegt werden.
Beispielsweise seien hier die besonderen Auswirkungen wirtschaftlicher und beruflicher Art auf den Betroffenen angeführt. Obwohl diese vom Grundsatz her keine Rolle spielen dürfen, haben sie auf die Bemessung der Sperrzeit Auswirkung, wenn zu erwarten ist, dass die beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile den Täter zur besonderen Warnung dienen.
Ein weiterer Umstand, welcher bei der Bemessung der Sperrzeit Berücksichtigung finden soll, ist die Durchführung von Besserungs-maßnahmen durch den Betroffenen. So soll die Durchführung einer Nachschulung für alkoholauffällig gewordene Kraftfahrer zur Verkürzung einer Sperrzeit führen. Es gilt allerdings genau abzuwägen, ob dem Betroffenen mit einer nachträglichen Sperrfristverkürzung gemäß § 69a Abs. 7 StGB mehr geholfen ist. Eine zweimalige Berücksichtigung der Nachschulung findet nicht statt.
Über den Autor
Dr. Frank Häcker ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht in Aschaffenburg.
Einer der Schwerpunkte der Tätigkeit von Rechtsanwalt Dr. Häcker ist die außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen Unfallgeschädigter. Sein besonderes Anliegen liegt dabei in der Beratung von Schwerstgeschädigten und Angehörigen von getöteten Unfallopfern. Daneben kämpft Rechtsanwalt Dr. Häcker für die Rechte der Betroffenen in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren. Das Verteidigungsspektrum reicht dabei vom Mord bis zur vermeintlich kleinen Ordnungswidrigkeit aufgrund zu schnellen Fahrens.
Dr. Häcker ist Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht. Bei dieser Vereinigung handelt es sich um einen Zusammenschluss von über 6.200 auf dem Gebiet des Verkehrsrechts spezialisierten Rechtsanwälten.Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Schadensrecht, einer der wichtigsten Zeitschriften für Verkehrsrecht und doziert im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen für Rechtsanwälte.
Vom ADAC wurde Dr. Häcker zum Vertragsanwalt für den Landgerichtsbezirk Aschaffenburg berufen.