Unbenommen der psychischen Folgen eines Verkehrsunfalls wollte die Haftpflichtversicherung des Schädigers einer schwer zu Schaden gekommenen Autofahrerin bereits ein Schmerzensgeld bezahlen, das die Richter am Oberlandesgericht Schleswig als völlig indiskutabel ansahen. Dass indes die Geschädigte auch noch als Simultantin hingestellt wurde, ging den Vertreterin der Justiz dann endgültig gegen den Strich. Das schoflige Verhalten der Versicherung gegenüber der unschuldig zu Schaden gekommenen Klägerin wurde letztlich im Urteilsspruch berücksichtigt – und abgestraft.
Konkret wurde im Ergebnis festgehalten, dass man auch bei einer durch einen Unfall verursachten posttraumatischen Belastungsstörung einen Anspruch auf Schmerzensgeld besitzt. Bei der Bemessung der Geldsumme wird zudem das Regulierungs- und Prozessverhalten der gegnerischen Versicherung berücksichtigt.
In einem von den Verkehrsrechtsanwälten der schadenfix.de Plattform des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall bekam das betreffende Unfallopfer, eine Arzthelferin, vom Oberlandesgericht Schleswig (AZ: 7 U 76/07) 30.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.
Die Klägerin erlitt bei dem gegenständlichen Unfall mit einem Lkw zahlreiche Verletzungen, unter anderem ein schweres Schleudertrauma, einen Bruch des Nasenbeins, ein Schädel-Hirn-Trauma, Schürf- und Schnittwunden sowie zahlreiche Prellungen. Die Schuld des Lkw-Fahrers stand ebenso fest wie die volle Haftung seiner Versicherung. Vor Gericht ging es um die Frage des Schmerzensgeldes und ob die Klägerin psychisch unter den Folgen des Unfalls litt. Die Klägerin verlangte 30.000 Euro, die Versicherung hatte jedoch als Schmerzensgeld lediglich 2.750 Euro gezahlt.
„Peanuts“ trotz Unfallfolgen mit existenzieller Problematik
Die Richter hielten den Anspruch der Klägerin für angemessen. Ein Sachverständiger habe neben den zahlreichen Verletzungen zweifelsfrei auch eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Die Auswirkungen solcher psychischen Unfallfolgen seien im konkreten Fall ganz erheblich. So habe die Klägerin infolge ihrer Ängste ihren Beruf aufgeben müssen. Darüber hinaus erzeuge bei ihr alles, was mit Straßenverkehr zu tun habe, Angst. Dies zeige sich daran, dass sie nicht allein ihre Wohnung verlassen könne.
Letztlich müsse bei der Schmerzensgeldbemessung auch das Regulierungs- und Prozessverhalten der Versicherung berücksichtigt werden, so die OLG-Richter. Nicht nur, dass die Versicherung ein „selbst für die körperlichen Verletzungen schon zu niedriges Schmerzensgeld gezahlt“ habe. Aus dem von ihr vorgerichtlich eingeholten Gutachten sei bereits hervorgegangen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Trotzdem habe es die Versicherung nicht nur auf ein Verfahren ankommen lassen, sondern außerdem die Klägerin verdächtigt, die Symptome nur vorzutäuschen, um eine höhere Entschädigung zu erhalten. (wkp)