HUK-Coburg greift weiter an

Gleich zu Beginn des neuen Versicherungsjahres 2010 sprach die HUK-Coburg offen über ihre mittel- und langfristigen Zielsetzungen. Bemerkenswert dabei: Nicht Kraftfahrtvorstand Klaus-Jürgen Heitmann, wie in den vergangenen Jahren üblich, sondern Dr. Wolfgang Weiler äußerte sich zum Autogeschäft des fränkischen Versicherers. Weiler ist seit rund einem halben Jahr im Amt des Vorstandssprechers der HUK-Coburg Versicherungsgruppe Nachfolger von Rolf-Peter Hoenen, der 2009 in Coburg offiziell in Ruhestand ging und derzeit in seiner ersten Legislaturperiode als Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Versicherer (GDV) agiert.

In der Finanz- und Versicherungswelt viel beachtet wurde jetzt ein Interview, welches Weiler der Börsen-Zeitung gab, dort aktuell am 5. Januar veröffentlicht wurde und in dem er sich insbesondere auch zur Allianz, der Schadensteuerung und dem scharfen Preiskampf in seiner Branche äußert.

Den roten Faden in den Aussagen Weilers könnte man mit „Angriff“ oder „Attacke“ dem Grunde nach ganz gut zusammenfassen. Indes macht der oberste Chef der Versicherungsgruppe auch deutlich, dass das angestrebte weitere Volumenwachstum und ein daraus resultierender hoher Marktanteil der HUK-Coburg Vorteile verschaffe, um Dinge zu tun, die „wir nicht tun könnten, wenn wir kleiner wären“. Das Werkstätten-Partnernetz und die dorthin gesteuerten Unfallschäden führte Weiler in diesem Zusammenhang konkret als Beispiel an. Mehr als acht Millionen eigener Fahrzeuge und die Öffnung dieses Netzes auch für Wettbewerber sollen letztlich helfen, die Werkstätten noch besser auszulasten. Die hier erreichte Größe sei „Voraussetzung für Strukturen, die andere nicht aufbauen können. Das ist ein Wettbewerbsvorteil“.

Erneut 350.000 mehr Fahrzeuge und Wachstum von 4,5 bis fünf Prozent.

Auf die Frage, wann die HUK-Coburg in Deutschland den Marktführer Allianz im Autogeschäft überflügeln werde, äußerte sich Weiler, dass ihm dies letztlich „relativ egal“ sei. Seine Gruppe wolle die Kfz-Versicherung „kontinuierlich weiter vergrößern“, und das funktioniere auch unter den gegenwärtigen Marktumständen ganz gut.

Dass er trotz alledem die mittlerweile über acht Millionen Fahrzeuge im Portfolio nicht als Endziel ansieht – die HUK-Coburg liegt damit jetzt bereits knapp hinter der Allianz, die vom bekannten Bestandsabrieb über mehrere Jahre arg gebeutelt ist und sich aktuell in Deutschland und auch weltweit deshalb ganz neu ausrichtet –, wurde nicht zuletzt aus Weilers Aussagen zum Wachstum in 2009 und seinen Zielen für 2010 deutlich: Um 4,5 bis fünf Prozent habe der fränkische Versicherer alleine im Vorjahr beim Kfz-Bestand zulegen können, was real einem Anstieg von 350.000 policierten Fahrzeugen entspreche. Bei einem Marktzuwachs von lediglich einem Prozent sei dies ein „hervorragendes Ergebnis“. Für das Jahreswechslergeschäft 2010, das ruhiger als in den beiden Vorjahren ausfallen werde, habe man rund zwei Prozent weiteres Wachstum fest im Visier.

Abwrackprämie und Wirtschaftskrise voll genutzt

Neben der bekannten Preispositionierung, welche die HUK-Coburg eingenommen habe, sei ein wesentlicher Aspekt des starken Vorjahreswachstum der „Kick“ gewesen, der durch die Abwrackprämie ausgelöst wurde: „Sie hat entgegen unseren ursprünglichen Erwartungen eine enorme Bewegung in den Markt gebracht.“ Die aktuelle Wirtschaftskrise sorge „offenbar dafür, dass sich viele Kunden anlässlich des Neukaufs sehr intensiv umschauen, wo sie sich günstiger versichern können“.

Mit Nachdruck weist Weiler im Interview mit der Börsen-Zeitung auch den Vorwurf von sich, den seit Jahren andauernden Preiskrieg ausgelöst zu haben: „Wir haben das nicht angefangen. Initiiert haben ihn jene, die im letzten Erhöhungszyklus vor gut fünf Jahren Marktanteile verloren haben.“ Und weiter: „Sollen wir als einer der stärksten und kostengünstigsten Player Friedenssignale aussenden und damit anderen Versicherern die Geschäftsmöglichkeiten eröffnen, die wir gerne selber hätten? Ich wüsste nicht, warum wir das tun sollten.“ Und noch deutlicher formulierte er: „Wir treten nicht an, den Preiskrieg als Erste zu beenden.“

„Preiskampf ist mörderisch, aber er lohnt sich“

Den aktuellen Preiskampf bezeichnete der ranghöchste Repräsentant der HUK-Coburg wörtlich zwar als „mörderisch“, dennoch lohne sich das Geschäft nach wie vor „sehr wohl“. Die Combined Ratio in der Kfz-Versicherung lag nach seinen Worten im abgelaufenen Jahr „voraussichtlich bei etwa 95 Prozent“. Dies wären dann gut sechs Punkte mehr als im Vorjahr, weil die Schadenhäufigkeit leicht gestiegen sei. Damit zahle sich das Geschäft zwar weniger aus als früher, sei aber weiterhin rentabel. Für 2010 sieht der Vorstandschef nach seinen Worten zudem „keinen Grund dafür“, die Preise anzuheben.

Die Tochter HUK24 hat dem Vernehmen nach aktuell 1,1 Millionen Kunden im Bestand, was einem Zugewinn von 170.000 im Jahr 2009 entspreche. Die „enorme Expansion“ der vergangenen Jahre habe die HUK24 jeweils „mit einer schwarzen Null oder einem leichten Gewinn bewältigt“, was angesichts des Bestandsaufbaues mit Akquise, Vertrags-Erstbearbeitung und Vorfinanzierung von Reserven aus Sicht von Wolfgang Weiler eine „große Leistung“ sei. Andere Internet-Versicherer indes machen seinen Worten zufolge „wenig Geschäft und große Verluste“.

Geringe Kosten, „weil wir nicht Klinken putzen müssen“

Bei der Schilderung der Gründe für die niedrige Kostenquote der HUK-Coburg Gruppe nennt Weiler im Interview der Börsen-Zeitung neben der zentralisierten Postbearbeitung auch das Vertriebsmodell: „Unsere Vertriebler müssen nicht Klinken putzen. Der Kunde nimmt häufig auf eigene Initiative Kontakt mit uns auf, weil er unser Haus, unsere Marke kennt. Dadurch haben wir wenig Aufwand und hohe Abschlussquoten. Dies geht natürlich nur, weil wir mit standardisierten, klar strukturierten und äußerst günstigen Produkten unterwegs sind.“

Auf den Einwand, dass die Schadenquote nicht gar so konkurrenzfähig sei, antwortete Weiler mit einigen interessanten Anschauungen: „Sie müssen zwei Effekte beachten. Erstens: Wenn man zehn bis 15 Prozentpunkte niedrigere Kosten hat, dann wird man logischerweise eine höhere Schadenquote aufweisen, weil ja die Margenkalkulation niedrigere Preise und damit Beitragseinnahmen erlaubt. Wenn man 25 Prozent der Einnahmen für Kosten ausgibt, kann man maximal 75 Prozent für Schäden bereitstellen. Bei zehn Prozent Kostenquote kann man bis zu 90 Prozent ausgeben. Zweitens ist die Beitragshöhe niedriger als bei größeren Wettbewerbern, so dass diese aufgrund der Skaleneffekte eine optisch bessere Kostenquote aufweisen können, als sie tatsächlich haben.“ Dass sich die HUK-Gruppe unter dem Strich höhere Schadenkosten leisten könne, sei „auch Teil des Unternehmensauftrags eines Versicherungsvereins, möglichst günstigen Versicherungsschutz zur Verfügung zu stellen“.

In Sachen neuer Aktivitätsfelder sprach Weiler davon, dass er sich weitere Kooperationen mit anderen Versicherern – ähnlich wie bei der Öffnung des Werkstatt-Netzwerkes – vorstellen könne: „Wenn der Markt reif wäre, könnte man auch andere Themen wie die Bearbeitung für den gesamten Kfz-Vertrag anpacken. Doch existieren dort beispielsweise steuerliche Hemmnisse.“

Teile-Plattform: Nicht leicht zu kopieren

Die Ersatzteil-Plattform für die Partnerwerkstätten sei zunächst auch für die HUK-Coburg völliges Neuland gewesen. Vor fünf Jahren hätte man sich nicht vorstellen können, dass ein Versicherer Beschaffungsmöglichkeiten für Originalersatzteile anbietet, so der Vorstandssprecher. Der Gedanke sei gewesen, dass die Werkstätten durch die Bündelung von Einkaufsvolumen Ersatzteile zu wesentlich günstigeren Konditionen erhalten als vorher. Das Angebot gelte nicht nur für Schäden von HUK-Coburg Kunden. Und ohne dass sein haus davon einen Nachteil hätte, könnten die Reparaturbetriebe mit der Einkaufsplattform „ihre Margen verbessern“.

Der Ausbau derartiger Initiativen stehe klar im Fokus, um „eine lange strategische Gemeinschaft mit den Werkstätten“ zu kreieren. „Das Schöne“ an dieser Versicherer-Teileplattform sah Weiler vor allem darin, dass „dieses Konzept nicht leicht umzusetzen ist, sowohl in rechtlicher als auch faktischer Hinsicht“. Daher sei es auch für den Wettbewerb „nicht so leicht zu kopieren“.

Quelle: Autohaus

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