Wenn beim Kfz-Haftpflichtschaden im Hinblick auf den Umfang des Schadensersatzes bewertet wird, ob die vom Sachverständigen berechneten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, ist regelmäßig auf die Bruttoreparaturkosten abzustellen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 03.03.2009 (Az.: VI ZR 100/08) entschieden. Der Kläger forderte von den Beklagten den restlichen Schadensersatz für sein beschädigtes Fahrzeug. Nach einem vom Kläger eingeholten Gutachten beliefen sich die Reparaturkosten auf EUR 3.572,40 netto (EUR 4.251,16 brutto) und der Wiederbeschaffungswert inklusive Mehrwertsteuer auf EUR 4.200,00. Der Kläger forderte Ersatz der Nettoreparaturkosten von EUR 3.572,40 zuzüglich Kostenpauschale. Die Beklagte regulierte den Schaden in Höhe des Wiederbeschaffungswerts von EUR 4.200,00 abzüglich EUR 1.680,00 Restwert, und zahlte EUR 2.520,00 nebst gekürzter 20,00 Kostenpauschale. Der Kläger verlangte mit seiner Klage die Zahlung des Differenzbetrags sowie vorgerichtlicher Kosten. Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hatte auf die Berufung der Beklagten die Klage bis auf einen Betrag von EUR 5,00 für die erhöhte Kostenpauschale abgewiesen. Die zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der BGH führt insofern aus: Wenn der KFZ-Schaden den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs – im Rahmen der 130%-Grenze – übersteige, können Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungsaufwand des Fahrzeugs liegen, nur erstattet werden, wenn die Reparatur fachgerecht durchgeführt wird, wie es der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Dies gelte auch sofern die Reparaturkosten angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt, und die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt ist.
Die Qualität der Reparatur ist nur so lange irrelevant, wie die geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, so dass insofern die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts erstattet werden könnten. Sofern aber der Geschädigte – wie hier – nur eine Notreparatur vornehme, stellen die von dem Sachverständigen berechneten Bruttoreparaturkosten einschließlich Mehrwertsteuer regelmäßig den Aufwand dar, den der Geschädigte hätte, wenn er das Fahrzeug tatsächlich so reparieren ließe, dass ein Schadensersatz im Rahmen der 130%-Grenze in Betracht käme. Dieser Aufwand ist nach dem BGH mit dem Wiederbeschaffungswert zu vergleichen.
Bei der Schadensregulierung sollte demnach ein Anwalt für Verkehrsrecht um Rat gefragt werden. Denn eine fiktive Schadensabrechnung führt nach dem BGH dazu, dass der Geschädigte nur den Wiederbeschaffungsaufwand verlangen kann.