Was bin ich doch für ein Verkehrsrowdy. Ich stand mit meinem Rad an einer roten Ampel – nein, das ist kein Witz, ich wartete wirklich – auf den Ohren ein paar Bügelkopfhörer und lauschte der Musik, als neben mir eines dieser blau-silbernen Fahrzeuge mit der Rundumleuchte auf dem Dach hielt und die Musik unterbrochen wurde von einem barschen „Schönen juten Tach!“. Ich wandte meinen Kopf nach links, lächelte und wünschte einen ebenso schönen Tag. Mein Lächeln wurde jedoch nicht erwidert, stattdessen kam die Ansage „Se wissen, dett dett vaboten is?!“ Da ich nicht wusste, was verboten ist – an einer roten Ampel warten? – verneinte ich höflich und bat um Erläuterung. „Mitte Kopphörer uffm Fahrrad, ditt is vaboten!“ Reflexartig fragte ich, wo dies denn stehe und verfluchte innerlich gleich meine Reaktion, schaute aber in völlig inhaltsleere Gesichter. „Dett is so, könnse globen!“ Mit dieser Antwort sollte man sich eigentlich nicht zufrieden geben. Dass der Himmel blau und der Rasen grün ist, dass ist so. aber auf eine längere Diskussion verspürte ich keine Lust. „Fahrnse weiter, abba schnell“ war die abschließende Antwort und ich folgte dieser Anweisung natürlich sofort.
Die Frage, ob es tatsächlich verboten ist, mit Kopfhörern Fahrrad zu fahren, ist dann doch nicht so einfach zu beantworten. Nach § 23 Abs. 1 StVO ist ein Fahrzeugführer, so auch ein Fahrradfahrer, u.a. dafür verantwortlich, dass weder seine Sicht, noch das Gehör durch Geräte beeinträchtigt werden..
Die einzige Entscheidung, die auf die Schnelle auffindbar war, ist schon etwas älter. Das OLG Köln entschied am 20.02.1987 (Ss 12/87), dass 23 StVO als Spezialverbotsnorm für diejenigen Fälle gelte, in denen ein Fahrzeugführer sein Hörvermögen durch Geräte, insbesondere Tonübertragungsgeräte bereits bei geringfügiger Überschreitung der Grenzwerte, beeinträchtigt.
Aus den Gründen:
(…) Das an den Fahrzeugführer gerichtete Gebot, sein Gehör nicht durch Geräte zu beeinträchtigen, ist erst durch die Änderungsverordnung vom 21. 7. 1980 (BGBl I S 1060) in die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 StVO aufgenommen worden. (…) Daß zu den «Geräten«, von denen § 23 StVO spricht, in erster Linie Kopfhörer und Tonübertragungsgeräte wie Radios, Kassettenrekorder etc. gehören, steht außer Zweifel. Solche „Geräte“ werden in der Begründung zur Änderungsverordnung ausdrücklich hervorgehoben. Beeinträchtigung des Gehörs bedeutet nach dem Wortsinn Verschlechterung bzw. Minderung des Hörvermögens. Nach dem Sinn und Zweck des § 23 StVO sollen solche Beeinträchtigungen unterbleiben, die den Fahrzeugführer hindern, Warnsignale oder andere akustische Eindrücke aus dem Verkehrsumfeld, die für das Fahrverhalten von Bedeutung sein können, in ausreichendem Umfang wahrzunehmen. Deshalb ist Radfahrern die Benutzung eines Walkman mit Kopfhörer oder eines sonstigen Tonübertragungsgeräts jedenfalls dann untersagt, wenn die im Einzelfall eingestellte Lautstärke zu einer Gehörbeeinträchtigung i. S. des § 23 StVO führt. Dazu bedarf es keiner erheblichen Beeinträchtigung. Es genügt bereits eine geringfügige Überschreitung der Grenze, die eine unerhebliche Beeinflussung des Gehörs durch die genannten Geräte zu einer bedeutsamen Beeinträchtigung trennt. Ob und inwieweit diese Voraussetzung erfüllt ist, hat der Tatrichter nach den jeweils festgestellten besonderen Umständen zu beurteilen. Daß auch eine erlaubte oder gar vorgeschriebene Ausrüstung, etwa die ohrenschützende Wintermütze oder der Schutzhelm eines Kraftradfahrers, i. S. von § 23 StVO zur Beeinträchtigung des Hörvermögens führen kann, ist dabei ohne Bedeutung. Diese Beeinträchtigungen müssen hingenommen werden, weil höherrangige Interessen zu schützen sind. (…)
So gesehen, hatten die Beamten dann wohl recht und ich werde mir an mein Rad wohl eine Stereoanlage anbauen müssen. Nun stellt sich mir allerdings die Frage, ob die freundlichen Beamten sich an einer Kreuzung auch mal neben so eine tiefer gelegte fahrende Bassrolle stellen und den zumeist männlichen jugendlichen Fahrer – sofern dieser überhaupt etwas wahrnimmt – ebenso freundlich darauf hinweisen, dass „dette vaboten is“.
Quelle: http://www.mitfugundrecht.de/category/verkehrsrecht/