Wie Beck-Aktuell berichtet, führen Zweifel an der Existenz der Bundesrepublik Deutschland unter Umständen zum Entzug der Fahrerlaubnis. Ein Busfahrer aus Thüringen fuhr ein wenig zu schnell, angeschnallt war er auch nicht. Gegen den Bußgeldbescheid legte er Einspruch ein. Vor dem Amtsgericht Hildburghausen muss es dann lustig zugegangen sein. Der Busfahrer erklärte dort: „Ich berufe mich auf ein Urteil des BVerfG. Das OWiG ist aufgehoben. Ich habe nicht die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik. Ich habe die Staatsangehörigkeit der DDR. Ich habe das Recht der Selbstverwaltung nach Art. 9 einer UN-Resolution*. Ich beantrage die Erörterung der Rechtslage, wie schriftlich angekündigt. Ich möchte einen Nachweis, dass der Richter tatsächlich ein Richter ist. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 101 GG. Ich beantrage die Übersendung des Verhandlungsprotokolls. Zum Vorwurf an sich möchte ich nichts sagen.“
Das Bußgeldverfahren wurde dann tatsächlich eingestellt, allerdings verbunden mit einer Mitteilung des Gerichts an die Führerscheinstelle des Landratsamtes.
Als der Busfahrer einige Monate seinen Führerschein verlängern wollte, forderte die Behörde die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens, um ausschließen zu können, dass bei ihm fahreignungsrelevante Gesundheitsstörungen vorliegen. Das lehnte der Busfahrer ab, woraufhin ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Das Verwaltungsgericht Meiningen (2 K 297/11 Me) bestätigte im Hauptsacheverfahren den Führerscheinentzug. Nicht die Zweifel des Busfahrers an der Existenz der Bundesrepublik waren hierfür relevant, sondern die Zweifel der Führerscheinstelle an seiner Fahreignung. Die hätte er beseitigen müssen, eben durch die Vorlage eines Gutachtens. Da er dies aber verweigert habe, gilt er als nicht geeignet Kraftfahrzeuge zu führen.
Aus den Gründen:
(…) Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Erweist sich danach jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Nach § 46 Abs. 3 FeV in Verbindung mit § 11 Abs. 8 FeV kann die Behörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, eine von der Behörde angeordnete Untersuchung durchführen zu lassen oder das Gutachten, dass die Behörde gefordert hat, nicht fristgerecht beibringt.
Dies setzt allerdings voraus, dass der Betroffene überhaupt verpflichtet war, sich untersuchen zu lassen und das daraufhin erstellte Gutachten vorzulegen. Zur Mitwirkung im Verwaltungsverfahren ist der Betroffene dann verpflichtet, wenn die Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 FeV in Verbindung mit §§ 11 ff. FeV erfüllt sind und das dort beschriebene Verfahren eingehalten ist. Für eine rechtmäßige Anordnung, dass sich der Betroffene untersuchen lassen muss, ist in formeller Hinsicht Voraussetzung, dass dem Betroffenen die Eignungszweifel der Behörde nachvollziehbar mitgeteilt werden. In § 11 Abs. 6 Sätze 1 und 2 FeV ist geregelt, dass dem Betroffenen mitzuteilen ist, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und welches die Gründe für die Zweifel an seiner Eignung sind. Die Aufforderung muss im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein und der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen vermag (BVerwG, Urt. v. 05.07.2001, NJW 2002, 78).
Diese Voraussetzungen hat der Beklagte in seiner Anordnung vom 09.08.2010 erfüllt. Insoweit wird auf die – allen Beteiligten bekannte – Begründung des Beschlusses des VG Meiningen vom 29.07.2011 (Az.: 2 E 195/11) Bezug genommen. Die Anordnung, sich untersuchen zu lassen, ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht mit Anordnung vom 09.08.2010 vom Kläger die Beibringung eines Gutachtens eines Arztes einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 46 Abs. 3, § 11 Abs. 2 Nr. 1 FeV gefordert. Es lagen Tatsachen i.S.d. § 11 Abs. 2 FeV vor, die Bedenken gegen die geistige Eignung des Klägers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründeten. Ob diese Bedenken sich bereits aus den Äußerungen des Klägers im Rahmen des Bußgeldverfahrens gegenüber der Polizei und des Amtsgerichts Hildburghausen ergeben, in denen er zum Ausdruck brachte, die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht zu respektieren, mag dahinstehen. Die Bedenken ergeben sich zweifelsohne aus den Angaben des Amtsrichters auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2009 in der Bußgeldsache (Az.: 370 Js 24799/09 1 OWI). Diesbezüglich ist im Protokoll ausgeführt: „Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Betroffenen konnten in der Verhandlung aber nicht ausgeräumt werden, weshalb das Gericht die Akte an die Führerscheinstelle des LRA zu Überprüfung der Fahreignung des Betroffnen schicken wird.“ Damit bestanden für den Beklagten hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht (mehr) geeignet sein könnte, ein Kraftfahrzeug zu führen. Die Befugnis, die Beibringung eines Gutachtens anzuordnen, ist nämlich schon dann eröffnet, wenn die nicht fern liegende Möglichkeit besteht, dass ein Fahreignungsmangel gegeben ist. Zwar reicht einerseits ein bloß entfernter Verdacht eines körperlichen oder geistigen Mangels für die Tatbestandsmäßigkeit des § 11 Abs. 2 FeV nicht aus. Andererseits müssen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich „massive Anhaltspunkte“ für eine Fahrungeeignetheit ergeben oder die gar den vollen Beweis für die Fahrungeeignetheit erbringen. § 11 Abs. 2 FeV enthält eine spezialgesetzlich normierte Ermächtigung für eine Maßnahme der Gefahrerforschung.
Begutachtungsanordnungen dienen der Klärung von Eignungszweifeln, sodass es für die auf § 11 Abs. 2 FeV gestützte Anordnung, ein ärztliches Gutachten vorzulegen, erforderlich aber auch ausreichend ist, dass auf Grund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung des Betroffenen bestehen. Die tatsächlichen Feststellungen müssen den Eignungsmangel als nahe liegend erscheinen lassen. „Bedenken“ in diesem Sinne verlangen tatsächliche Hinweise auf Umstände, die – auch wenn sich eine Versagung der Fahrerlaubnis oder eine Fahrerlaubnisentziehung noch nicht konkret abzeichnet – für die Verkehrssicherheit in so hohem Maße bedeutsam sind, dass die bisher für die Eignungsbeurteilung zugrunde liegenden Tatsachen fachlich überprüft werden müssen (VG München, Urt. v. 07.11.2007, M 6b K 06.3292, juris, m.w.N.). Dies war hier der Fall.
Entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte lagen vor. Auf Grund der Feststellungen und Angaben des Amtsrichters in der mündlichen Verhandlung am 11.12.2009 wurden dem Beklagten Umstände angezeigt, die Zweifel an dessen Kraftfahreignung begründen konnten. Hier ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um einen anonymen, nicht nachprüfbaren Hinweis einer (Privat-) Person handelte, sondern um protokollierte bzw. amtlich vermerkte Feststellungen eines sachkundigen Trägers öffentlicher Gewalt. Ein Strafrichter hat die Schuldfähigkeit eines Täters nach § 21 StGB immer zu prüfen. Die Schuldfähigkeit des Betroffenen kann sich auch auf das Verhalten im Straßenverkehr beim Führen eines Kraftfahrzeuges auswirken, in Form bewusster oder unbewusster Nichtbeachtung oder – einhaltung von Verkehrsregeln. Deshalb durfte sich der Beklagte veranlasst sehen, die Eignung des Klägers zum Führen eines Kraftfahrzeuges weiter aufzuklären. Der Kläger kann sich jetzt im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr darauf berufen, dass seine Äußerungen in der gerichtlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Hildburghausen sowie in einer Vielzahl von Schriftstücken nicht seiner eigenen Auffassung und Rechtsüberzeugung entsprächen; diese Äußerungen vielmehr aus der Feder dubioser Freunde stammten, die ihm vorgespiegelt hätten, mit Hilfe der gegenständlichen Verteidigungsstrategie eine Einstellung des Verfahrens herbeiführen zu können. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens ist der Zeitpunkt, in dem der Beklagte Kenntnis von den tatsächlichen Anhaltspunkten hat, die die Kraftfahreignung in Zweifel ziehen. Dieser Zeitpunkt lag vor, als der Amtsrichter die (Straf-) Akte an die Führerscheinstelle des Beklagten zu Überprüfung der Fahreignung des Klägers schickte. Bis zur Behördenentscheidung hätte der Kläger diese Zweifel möglicherweise bereinigen können (vgl. VG München, B. v. 21.12.2010 – Az.: M 1 S 10.5245 – nach juris); er hätte den Beklagten davon überzeugen können, dass die Schlussfolgerung des Amtsrichters über seine Zurechnungsfähigkeit nicht zutrifft.
Die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Klägers bzw. dessen mangelnde Kraftfahreignung ist im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren über die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht durch das Gericht zu klären. Maßgeblich ist allein, dass der Beklagte nach § 11 Abs. 8 FeV wegen Nichtvorlage des angeforderten Gutachtens auf die Nichteignung des Klägers schließen durfte. Dass der Kläger sich über den Inhalt der Äußerungen nicht im Klaren gewesen sein will, kann deshalb ebenfalls dahinstehen. Dessen ungeachtet spricht die Nachhaltigkeit der Äußerungen nicht für ein unreflektiertes Übernehmen fremder Ansichten. Mithin kann auch die „Eidesstattliche Versicherung“ des Klägers nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dessen ungeachtet entspricht die „Eidesstattliche Versicherung“ nicht den gesetzlichen Formerfordernissen. Es ist nicht erkennbar, vor wem und von wem der Kläger über die strafrechtlichen Folgen belehrt wurde. Die Zweifel an der Eignung des Klägers zum Führen eines Kraftfahrzeuges werden auch nicht durch die ärztliche Bescheinigung vom 03.08.2010 ausgeräumt, wonach keine weitergehende Untersuchung veranlasst war, da keine Beeinträchtigungen des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens festgestellt werden konnten. Dieser Untersuchung lag ein anderer Anlass zu Grunde, nämlich die Verlängerung der Fahrerlaubnis der Klassen C/CE, D1/D1E und D/DE. Auch der Umstand, dass der Kläger bislang weder verkehrs- noch strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, er keine Eintragungen im Bundeszentralregister und Bundesverkehrszentralregister aufweist und er die Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen C/CE, D1/D1E und D/DE beantragte, räumen den Zweifel an der Eignung des Klägers zum Führen eines Kraftfahrzeuges nicht aus. Es ist die hohe Dunkelziffer bei Verkehrszuwiderhandlungen zu berücksichtigen. Auch kann sich die Einstellung des Klägers geändert haben oder aber er zeigte gegenüber der Behörde nur deswegen eine rechtskonforme Einstellung, um eben die Verlängerung der Fahrerlaubnis der entsprechenden Fahrerlaubnisklassen zu erreichen. Diese Umstände hätten im Rahmen der Begutachtung herangezogen werden können bzw. müssen, um die Frage der Eignung des Klägers zum Führen eines Kraftfahrzeuges zu klären. Der streitgegenständliche Bescheid begegnet auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Behörde die Fahrerlaubnis der Gruppen 1 und 2 nicht unterschiedlich behandelte, keinen rechtlichen Bedenken. Das Gericht vermag keinen Unterschied zwischen einer Personenbeförderung und der allgemeinen Teilnahme am Straßenverkehr zu sehen, wenn wie hier damit gerechnet werden muss, dass der Kläger Verkehrsregeln oder -zeichen nicht beachten wird. (…)
VG Meiningen, Urt. v. 08.11.2011, Az: 2 K 297/11 Me (PDF)
Seine „Argumentation“ im Bußgeldverfahren, die Bundesrepublik existiere gar nicht und damit sei er DDR-Bürger, hatte der Busfahrer übrigens aus dem Internet. Dort existieren in der Tat zahllose Seiten sog. selbsternannten Kommissarischen Reichsregierungen oder Selbstverwaltungen, wo die Auffassung vertreten wird, das Deutsche Reich würde aus völkerrechtlicher Sicht immer noch bestehen und die Bundesrepublik Deutschland wäre ein illegitimes Regime. Sogar Personalausweise werden anscheinend ausgestellt oder Haftbefehle verschickt. Warum der Busfahrer eigentlich seinen Führerschein verlängern wollte, wo doch die Führerscheinstelle mangels Legitimation dazu gar nicht berechtigt gewesen wäre, fragt man sich nur am Rande. Und die Moral von der Geschicht´, glaub jedem Blödsinn aus dem Internet nicht.
* Artikel 9 UN-Resolution A/RES/56/83 vom 28. Januar 2002
Verhalten im Falle der Abwesenheit oder des Ausfalls der staatlichen Stellen
Das Verhalten einer Person oder Personengruppe ist als Handlung eines Staates im Sinne des Völkerrechts zu werten, wenn die Person oder Personengruppe im Falle der Abwesenheit oder des Ausfalls der staatlichen Stellen faktisch hoheitliche Befugnisse ausübt und die Umstände die Ausübung dieser Befugnisse erfordern.
Quelle: http://www.mitfugundrecht.de/category/verkehrsrecht/